Mittwoch, 31. August 2016
Berlin – Das Bundeskabinett hat heute dem Entwurf des „Gesetzes zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung“ (Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz, HHVG) zugestimmt. „Der heute beschlossene Gesetzentwurf verbindet Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Qualität und Transparenz der Hilfsmittelversorgung mit einer Aufwertung der Stellung der Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden und Podologen im Gesundheitswesen“, sagte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU).
Das Gesetz solle dafür sorgen, dass Versicherte die richtigen Hilfen erhalten, um ihren Alltag trotz Einschränkungen möglichst selbstbestimmt bewältigen zu können – dazu zählen unter anderem Inkontinenzhilfen und Kompressionsstrümpfe sowie Schuheinlagen, Prothesen und Orthesen bis hin zu Rollstühlen und Hörgeräten.
Hintergrund ist, dass der Preiswettbewerb der Krankenkassen in den vergangenen Jahren immer wieder zu Qualitätsmängeln bei der Versorgung von Patienten mit Hilfs- und Heilmitteln geführt hat. Das neue Gesetz soll bestehende Mängel abstellen. Die Politik ergreife „wichtige Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung im Hilfsmittelbereich“, begrüßte die Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen (vdek), Ulrike Elsner, den heutigen Kabinettsbeschluss.
Besonders wichtig für Ärzte sind die neuen sogenannten Blankoverordnungen von Heilmitteln. Dabei schreiben Ärzte den Therapeuten nicht mehr per Rezept eine bestimmte Behandlung vor. Stattdessen können Physio- und Ergotherapeuten sowie Logopäden nach einer ärztlichen Untersuchung und Therapieempfehlung selbst entscheiden, welche konkrete Behandlung mit wie vielen Anwendungen für den Patienten notwendig ist. „Dabei gehen wir mit Augenmaß vor“, betonte Gröhe heute: Die „Blankoverordnung“ würden daher zunächst in Modellvorhaben getestet. Auf der Grundlage dieser Modellvorhaben in allen Bundesländern soll entschieden werden, ob diese Versorgungsform für die Regelversorgung geeignet ist.
Das Gesetz verpflichtet den Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen außerdem, das Hilfsmittelverzeichnis bis Ende 2018 grundlegend zu aktualisieren. Bis Ende 2017 soll der Spitzenverband eine Verfahrensordnung vorlegen, die künftig gewährleisten soll, dass das Verzeichnis aktuell bleibt.
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Wichtig ist außerdem, dass Krankenkassen bei ihren Vergabeentscheidungen künftig neben dem Preis auch qualitative Anforderungen an die Produkte und die mit ihnen verbundenen Dienstleistungen berücksichtigen müssen. Sie müssen den Versicherten zudem Wahlmöglichkeiten zwischen verschiedenen aufzahlungsfreien Hilfsmitteln einräumen.
Leistungserbringer und Krankenkassen müssen die Versicherten zudem künftig besser informieren. Dazu gehört auch, dass die Kassen künftig über ihre Vertragspartner und die wesentlichen Inhalte der abgeschlossenen Verträge informieren.
Krankenkassen können laut dem Gesetz mit den Verbänden der Heilmittelerbringer in den Jahren 2017 bis 2019 Vergütungsvereinbarungen oberhalb der bislang vorgeschriebenen maximalen Veränderungsrate abschließen. Das soll die Attraktivität der Therapieberufe steigern. Gröhe betonte aber, diese zusätzlichen Spielräume bei der Vergütung für Heilmittelerbringer würden nach drei Jahren überprüft.
Die neuen Regelungen des HHVG sollen überwiegend im März 2017 in Kraft treten. Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.
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