Erster Nationaler Präventionsbericht
Chancen für Zusammenarbeit in der Arbeitswelt
Im Juni 2019 hat die Nationale Präventionskonferenz ihren ersten Präventionsbericht veröffentlicht. Die Rehaträger sind nach § 3 Abs. 2 SGB IX verpflichtet, bei ihrer Mitarbeit in der Nationalen Präventionskonferenz (NPK) insbesondere auf die Vermeidung von Beeinträchtigungen bei der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft hinzuwirken. Dies ist auch in der Gemeinsamen Empfehlung „Prävention“ festgehalten, die auf Ebene der BAR überarbeitet wurde (Inkrafttreten 01.01.2018) und den Schwerpunkt auf die Arbeitswelt legt.
Welche Ansätze und Daten enthält hierzu nun der Präventionsbericht?
Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (Prävention nach § 167 SGB IX) stellt für die Teilhabe chronisch kranker und behinderter Menschen in der Arbeitswelt einen zentralen Mechanismus dar. Zugleich schlägt es die Brücke zwischen den Bereichen der Prävention und der Rehabilitation und ist daher auch Bestandteil der Nationalen Präventionsstrategie. So enthält denn auch die Abbildung „Gesundheit in der Arbeitswelt – Beiträge der Unfall-, Kranken- und Rentenversicherungsträger“ (Abb. 5 im Präventionsbericht) den direkten Verweis auf das SGB IX. Die Abbildung stellt vier Bereiche dar, die systematisch in den Betrieb integriert und miteinander verbunden werden:
Die Tätigkeitsfelder der verschiedenen Träger und Akteure in der Nationalen Präventionskonferenz werden im Präventionsbericht zunächst umschrieben, um dann näher auf Aktivitäten und ggf. Kennzahlen zu den Zielen „gesund aufwachsen“, „gesund arbeiten und leben“ sowie „gesund älter werden“ einzugehen. Dabei geht es auch um die Erfahrungen mit der Zusammenarbeit bei der Erbringung von Leistungen. Zu dem zweiten Ziel erörtern die entsprechenden Träger u.a. ihre Aktivitäten auf dem Gebiet des BEM.
Erfolgreiche Kooperationen beim Betrieblichen Eingliederungsmanagement
Bei der Berichterstattung über durchgeführte Modellprojekte zur Prävention werden Vorhaben exemplarisch dargestellt. Unter denjenigen Modellprojekten mit Bezug zur Arbeitswelt finden sich keine, die das BEM explizit in den Fokus rücken. Die Befragungen von Expertinnen und Experten aus den beteiligten Trägerbereichen zu ihren Erfahrungen mit der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Prävention ergaben 58 Hinweise auf träger- und akteursübergreifende Kooperationen, darunter 10 zu Aktivitäten der betrieblichen Gesundheitsförderung, des Arbeitsschutzes oder des BEM. Zwei Beispiele mit einer BEM-Komponente werden im Abschnitt 7.1.4. des Präventionsberichtes näher beschrieben:
- „Ganzheitliches Präventionsmodell zur Beschäftigungsfähigkeit“ in kommunalen Verwaltungen, kommunalen Unternehmen und Bildungseinrichtungen (Kooperationspartner: AOK Niedersachsen, DAK-Gesundheit, Handelskrankenkasse, BKK Public, Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover, Braunschweigischer Gemeinde-Unfallversicherungsverband, privater Dienstleister)
- „Starke Partner für gesundes Leben und Arbeiten“ (Kooperationspartner: Deutsche Rentenversicherung Bund, Verwaltungs-Berufsgenossenschaft, VR FinanzDienstLeistung GmbH)
In beiden Kooperationen heben die Partner die Motivation hervor, die sich aus dem gegenseitigen Kennenlernen und der Zusammenarbeit über den gesamten Prozess hinweg ergeben. So kann ein besseres Verständnis der jeweiligen anderen Arbeitsweise entstehen und strukturelle Unterschiede treten nach und nach in den Hintergrund. Während im ersten Beispiel alle Träger von der Bedarfsermittlung im Betrieb bis zur Erfolgskontrolle (mit Gesamtkoordination durch den Unfallversicherungsträger) zusammenarbeiten, ist im zweiten Fall ein abgestimmtes Agieren und besseres Verweisen auf Angebote anderer Träger möglich geworden.
Ausgaben für Prävention in der Arbeitswelt steigen deutlich
Die Träger in der NPK führen im Präventionsbericht gemäß § 20d Abs.4 SGB V auch ihre jährlichen Ausgaben für Prävention und Gesundheitsförderung auf. Aufgrund der unterschiedlichen Aufgabenzuschnitte sind direkte Vergleiche zwischen Trägerbereichen ebenso wie eine Unterscheidung nach den drei Zielen der Bundesrahmenempfehlung hier schwierig. Die mit Abstand höchsten Ausgaben im Sinne der Bundesrahmenempfehlungen, insbesondere in der Arbeitswelt, sind im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung zu verzeichnen. Im Jahr 2017 betrugen sie 1,2 Milliarden Euro. Die beispielsweise darunter fallenden Kosten für Arbeitsmedizinische Dienste schwankten in den vorausgegangen fünf Jahren um die Marke von 50 Millionen Euro (2017: 48,2 Millionen).
Ausgaben für Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zur betrieblichen Gesundheitsförderung (§ 20 b SGB V) und zur Prävention arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren (§ 20 c SGB V) haben wie alle anderen Leistungen zur primären Prävention und Gesundheitsförderung 2016 einen deutlichen Schub durch das Präventionsgesetz erfahren. Von 46,1 Millionen Euro in 2012 sind sie auf 158,1 Millionen Euro in 2017 gestiegen.
Die Ausgaben für Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zur Prävention nach § 14 Abs. 1 SGB VI sind von 2012 bis 2017 kontinuierlich gestiegen, wobei es hier infolge des Flexirentengesetzes in den letzten zwei Jahren des Berichtszeitraumes einen sprunghaften Anstieg auf 4 Millionen Euro gab. Außerdem hebt die Rentenversicherung ihren Firmenservice hervor. Dieser berät neben den Themen Rente, Altersvorsorge und Sozialabgaben auch zu Fragen des BEM, der medizinischen und beruflichen Rehabilitation sowie zur Prävention. Die Ausgaben für dieses Modul „Gesunde Mitarbeiter“ des Firmenservice werden künftig auch als Präventionsausgaben verzeichnet. Im ersten Präventionsbericht war dies jedoch noch nicht möglich, da die Rentenversicherungsträger die Kosten ihrer Leistungen im Rahmen des Firmenservices bis zum Jahr 2017 noch in unterschiedlichen Buchungskonten erfasst haben.
Die GE „Prävention nach § 3 SGB IX“ von 2018 enthält in ihrem Anhang Beispiele für die Zusammenarbeit im Sinne dieser Gemeinsamen Empfehlung. Dabei geht es vielfach auch um grundsätzliche Regelungen und Vereinbarungen zur Kooperation mit anderen Trägern oder mit Dritten, einschließlich der Unternehmen und der betrieblichen Akteure. Die im Präventionsbericht beschriebenen Modellprojekte, Kooperationen und bereitgestellten Ressourcen stellen einen nächsten Schritt der Konkretisierung dar. Der Austausch darüber bietet Lern- und Weiterentwicklungschancen für alle Beteiligten und findet auch auf Ebene der BAR statt. So bündelt der BEM-Kompass der BAR bereits vorhandene Informationen und navigiert Arbeitgeber und Beschäftigte - insbesonder in kleinen und mittleren Unternehmen - durch das Thema „Betriebliches Eingliederungsmanagement“. Gute Praxisbeispiele können den Weg zu einem klarer konturierten BEM begleiten, prägen und beschreiben und Möglichkeiten der Vermeidung von Beeinträchtigungen bei der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft aufzeigen.
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