Trägerübergreifende Ausgaben für Rehabilitation und Teilhabe
Die Zahl der Menschen mit Behinderungen steigt kontinuierlich. Nicht nur ein altersbedingt höheres Risiko der Beeinträchtigung kommt hier zum Tragen. Vielmehr steigt der Anteil in moderater Form auch im jüngeren Lebensalter an. Beide Faktoren führen dazu, dass in Deutschland beinahe 13 Millionen Menschen mit Beeinträchtigungen leben (2013). Um die Teilhabechancen dieser Menschen weiter zu verbessern, stellen Daten und Zahlen eine belastbare Grundlage zur Analyse der bestehenden Strukturen dar.
Mit dem reformierten SGB IX hat der Gesetzgeber nun die Grundlage geschaffen, um die Wirksamkeit der Zusammenarbeit der Reha-Träger besser beurteilen zu können. Künftig sollen trägerspezifische Daten bei der BAR zusammengeführt werden. Das gegliederte System bleibt erhalten und damit auch die Fülle von Angeboten und Leistungen der neun verschiedenen Sozialversicherungszweige. Das neue Gesetz hat besonders die Zuständigkeitsklärung detailliert geregelt und mit dem Teilhabeverfahrensbericht ein Instrument zur Steuerung und Evaluation geschaffen.
Ausgabenstatistik der BAR
Die Statistik der BAR zu den jährlichen Ausgaben der Sozialleistungsträger ist der einzige trägerübergreifende Bericht über Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe. Sie verdeutlicht Verhältnisse und Entwicklungen durch Zahlen und Fakten. Bedarfsgerechte Sozialpolitik fußt auf ausführlichen und genauen Angaben. Dass Reha eine verlässliche Datenlage braucht, machen neben der Praxiserfahrung, vor allem Handlungsaufträge, wie in Artikel 31 der UN-BRK (Statistik und Datensammlung) festgeschrieben, deutlich. Nur so können Maßnahmen zur umfassenden Verwirklichung von Rehabilitation und Teilhabe ergriffen und umgesetzt werden.
Daher bündelt die BAR jährlich die aktuellen trägerspezifischen Zahlen, Daten und Fakten, bereitet sie auf und stellt sie ihren Mitgliedern und der Öffentlichkeit zur Verfügung. Im 3-Jahresvergleich zeigt die BAR-Statistik die Ausgaben der unterschiedlichen Reha-Träger für Rehabilitation und Teilhabe.
33,8 Mrd. Euro für Reha- Leistungen
Aufwärtstrend: Die Ausgaben für Reha und Teilhabe sind kontinuierlich angestiegen, was nicht nur im 3-Jahresvergleich (+ 7,9 %) deutlich wird, sondern auch wenn man die Statistik weiter zurückverfolgt. Im 10-Jahresvergleich ergibt sich eine Steigerung von 34,9 %. Das entspricht einem Plus von 8,7 Mrd. Euro gegenüber 2005. Lässt sich der Aufwärtstrend auch auf die einzelnen Trägerbereiche übertragen? Dazu eine nähere Betrachtung der Zahlen.
Gesetzliche Krankenversicherung
Die Ausgaben für Reha- und Teilhabeleistungen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung steigen 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 3,6 %. Das ergibt ein Volumen von über 3 Mrd. Euro, von dem der Großteil auf den Kostenpunkt „Stationäre Anschlussrehabilitation“ entfällt (1,8 Mrd. Euro). Bei nur geringen Ausgabenveränderungen im stationären Bereich, nimmt gerade die ambulante Rehabilitation im langfristigen Vergleich um 60,5 % zu (2005: 76 Mio. Euro, 2015: 122 Mio. Euro). Noch deutlicher gestiegen sind die Aufwendungen für Reha-Sport und Funktionstraining bei den gesetzlichen Krankenkassen: Waren es 2005 noch 60 Mio. Euro, so sind 2015 dafür 234 Mio.Euro ausgegeben worden (+ 290 %).
Gesetzliche Rentenversicherung
Die Gesetzliche Rentenversicherung trägt wie auch in den Vorjahren im Vergleich zu den anderen Trägern den zweitgrößten Ausgabenteil an Leistungen zur Rehabilitation. Mit insgesamt 6,2 Mrd. Euro bzw. einem Plus von 2,9 % verändert sich der Wert im Vergleich zu 2014 nur gering. In absoluten Zahlen sind die Ausgaben für „Leistungen zur medizinischen Rehabilitation“ mit 4 Mrd. Euro am höchsten. Im Vergleich zu vor 10 Jahren wendet die Rentenversicherung mittlerweile 1,2 Mrd. Euro mehr (+ 42,6 %) für die medizinische Rehabilitation auf. Zu einem großen Teil ist dafür auch der Anstieg psychischer Erkrankungen verantwortlich. Eine deutliche Zunahme in der Rentenversicherung verzeichnet die Leistungsgewährung in Form eines Persönlichen Budgets, das prozentual den größten Zuwachs zu verzeichnen hat (+ 59,4 %), im Gesamtverhältnis der Ausgaben aber eine nachgeordnete Rolle spielt.
Alterssicherung der Landwirte
Die Ausgaben für Leistungen zur Teilhabe durch die Landwirtschaftlichen Alterskassen werden diff erenziert von der Deutschen Rentenversicherung erfasst und gesondert ausgewiesen. In diesem Trägerbereich setzt sich der stetige Ausgabenrückgang für Reha- Leistungen seit 2011 (- 14,1 %) nicht fort. Die Aufwendungen der Alterssicherung der Landwirte steigen 2015 m 2,3 Prozentpunkte auf 13,6 Mio. Euro.
Gesetzliche Unfallversicherung
Der Ausgabenanstieg von 2,9 % in der gesetzlichen Unfallversicherung lässt sich vor allem auf den Bereich „Ambulante Heilbehandlung und Zahnersatz“ zurückführen (+ 75 Mio. Euro) owie auf sonstige Heilbehandlungskosten (+ 39 Mio. Euro). Einen leichten Rückgang verzeichnen die stationäre Behandlung und häusliche Krankenpfl ege (- 1,5 %), die mit über 1 Mrd. Euro als zweitgrößter Ausgabenposten im Bereich der Unfallversicherung zu Buche schlagen. Zu beachten ist, dass nach den Geschäftsund Rechnungsergebnissen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) medizinische Reha-Maßnahmen unter Heilbehandlungen geführt werden und eine gesonderte Darstellung nicht vorgenommen wird.
Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften
Unabhängig von der Statistik der gesetzlichen Unfallversicherung werden die Ausgaben für Leistungen zur Teilhabe der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften aufgeführt. Sie verbuchen 2015 einen Wert von 361 Mio. Euro, d.h. eine Zunahme von 3,6 % zum Vorjahr. Darin enthalten sind die Ausgaben für das „Persönliche Budget“, die nach dem bisherigen Aufwärtstrend zum ersten Mal wieder sinken (- 33,2 %) und auf unter 1 Mio. Euro fallen.
Bundesagentur für Arbeit
Die Aufwendungen der Bundesagentur für Arbeit im Bereich der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben blieben in den letzten fünf Jahren konstant. Die Werte schwanken zwischen 2,2 Mrd. Euro (2013) und 2,3 Mrd. Euro (2010) und pendeln sich auch 2015 auf 2,3 Mrd. Euro ein. Den mit Abstand größten Kostenanteil machen „Pflichtleistungen für die Teilhabe am Arbeitsleben“ aus (2,2 Mrd. Euro). Ihnen folgen die „Ermessungsleistungen für die Teilhabe am Arbeitsleben“ (114 Mio. Euro) und die Auszahlungen in Form des „Persönlichen Budgets“ (11 Mio. Euro).
Integrationsämter
Die Integrationsämter haben 2015 rund 520 Mio. Euro für die Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben ausgegeben. Aus der sogenannten Ausgleichsabgabe von Arbeitgebern wurde der größte Teil für Begleitende Hilfen im Arbeitsleben (400 Mio. Euro) verwendet. Hervorzuheben sind die Leistungen zur Förderung der Einstellung schwerbehinderter Menschen über regionale Arbeitsmarkprogramme, die um 9,8 % im Vergleich zu 2014 gestiegen sind und sich seit 2010 verdreifacht haben.
Eingliederungshilfe
Mit 17 Mrd. Euro trägt die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen den größten Teil der Aufwendungen für Reha und Teilhabe. Das sind mehr als die Hälfte der gesamten Sozialhilfeausgaben. Im 10-Jahresvergleich zeigt sich eine hohe Ausgabendynamik in der Sozialhilfe: Die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie zur Teilhabe am Arbeitsleben sind rückläufig (von 327 Mio. Euro 2005 auf 61 Mio. Euro 2015). Der Anstieg lässt sich, neben den Leistungen in anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM), fast ausschließlich auf die Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zurückführen: 2005 waren es noch 5,1 Mrd. Euro, 2015 erhöhen sich die Ausgaben auf 10,7 Mrd. Euro. 79 % davon werden für Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnformen investiert.