Aktuelle Situation: Long COVID in medizinischen Reha-Einrichtungen

Behandlung von Long COVID in Reha-Einrichtungen

Eine der zentralen Fragen der Bestandserhebung ist, wie viele der Reha-Einrichtungen Rehabilitationen für Long COVID-Patienten durchführen. In der Stichprobe geben 173 Einrichtungen (51%) an, Rehabilitationsmaßnahmen für Patienten mit einer Long COVID-(Zusatz-)Diagnose anzubieten. 165 Einrichtungen (49%) verneinen Rehabilitationsmaßnahmen bei Long COVID.

Es ist davon auszugehen, dass diese Anteile nicht den Anteilen in der Grundgesamtheit des REV entsprechen, da anzunehmen ist, dass Einrichtungen mit Long COVID-Behandlungen eher an der (vollständigen) Befragung teilgenommen haben, als solche, für die diese Patientengruppe nicht einschlägig ist, da entsprechende Rehabilitationsangebote in der Einrichtung nicht vorhanden sind.

Im Folgenden wird analysiert, ob sich die Einrichtungen mit und ohne Long COVID-Behandlungen voneinander unterscheiden.

Hinweis zur Zitierweise:
Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation e.V. (BAR). Bestandsaufnahme zu Long COVID in der medizinischen Rehabilitation: Ergebnisse einer quantitativen Befragung, 2021. Online-Publikation. Frankfurt/Main, Oktober 2021.

Vergleich von Einrichtungen mit und ohne Reha bei Long COVID

Größenvergleich der Einrichtungen (gemessen an der Bettenzahl)

Zuerst wird untersucht, ob sich die Einrichtungen, die Rehabilitation für Menschen mit Long COVID anbieten, in ihrer Größe von jenen Einrichtungen unterscheiden, die kein entsprechendes Angebot haben. Dafür werden wesentliche Deskriptivstatistiken nach diesem Merkmal verglichen.

Der Vergleich zeigt, dass Einrichtungen, in denen Rehabilitation bei Long COVID stattfindet, durchschnittlich größer sind als Einrichtungen, in denen keine Reha bei Long COVID stattfindet. Der T-Test für den Mittelwertvergleich zeigt, dass der Unterschied signifikant auf dem p<0,01-Niveau ist.

Räumliche Verteilung der Einrichtungen

Weiterhin wird ausgewertet, wie sich die Einrichtungen mit bzw. ohne Rehabilitationsangebot für Menschen mit Long COVID auf die einzelnen Bundesländer verteilen.

Die Tabelle zeigt, dass im gesamten Bundesgebiet Reha-Einrichtungen vorhanden sind, die Menschen mit Long COVID behandeln können. Für die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg ist zu beachten, dass stationäre Reha-Einrichtungen grundsätzlich selten in Großstädten liegen.

Aktuelle Versorgungslage in den Reha-Einrichtungen

Die folgenden Auswertungen beziehen sich auf die 173 medizinischen Reha-Einrichtungen, die angeben, Rehabilitationen für Menschen mit Long COVID-Erkrankung durchzuführen.

Anzahl und Anteil Rehabilitanden mit Long COVID

Insgesamt haben 163 Einrichtungen eine Angabe dazu gemacht, wie viele Rehabilitanden mit Long COVID bisher in der Einrichtung behandelt wurden. Dabei handelt es sich teils um Schätzungen der Einrichtungen. Zeitlich vollständige Dokumentationen dazu sind nicht vorhanden, denn eine explizite ICD-Kodierung für Long COVID wird erst seit Januar 2021 geführt und ist erst seit diesem Zeitpunkt im Abrechnungssystem erfassbar.

Die zum Teil auf Schätzungen beruhende kumulierte Gesamtzahl der bis zum Zeitpunkt der Befragung behandelten Long COVID-Rehabilitanden in den Einrichtungen beträgt 11.948. Eine Hochrechnung auf das gesamte Reha-System ist nicht möglich, da unbekannt ist, ob und wie viele Menschen mit Long COVID in den Einrichtungen, die nicht an der Befragung teilgenommen haben, behandelt wurden. Während viele Einrichtungen nur einstellige Fallzahlen berichten, liegt die höchste angegebene kumulierte Anzahl bei 1.000 Rehabilitanden in einer Einrichtung.

Auch der Anteil der Rehabilitanden mit einer Long COVID-(Zusatz)Diagnose, die aktuell eine Reha in der Einrichtung durchführen, unterscheidet sich substantiell zwischen den Einrichtungen. 161 Einrichtungen haben hierzu eine Angabe gemacht. Im Mittel sind 7,1% der aktuellen Rehabilitanden in den Reha-Einrichtungen wegen Long COVID dort. Die Werte streuen stark (Standardabweichung = 12,9). Der Median beträgt 2%. 24 Einrichtungen geben an, dass zum Befragungszeitpunkt kein Rehabilitand mit Long COVID behandelt wurde. Der maximal berichtete Anteil von Rehabilitanden mit Long COVID in der Einrichtung beträgt 65%.

Kapazitäten für Long-COVID

Zur Einschätzung der aktuellen Versorgungslage wurden bei allen medizinischen Reha-Einrichtungen, die Rehabilitationen für Menschen mit Long COVID durchführen, anhand von drei Items erhoben, ob ausreichend Kapazitäten für diese Behandlung vorhanden sind. Die Befragten gaben dabei zu drei Aussagen jeweils ihre Zustimmung auf einer Likert-Skala mit sechs Auswahloptionen an (1 = keine Zustimmung, 6 = volle Zustimmung). Im Ergebnis liegen drei Indikatoren der Kapazität für Rehabilitationen bei Long COVID in den Einrichtungen vor.

Die Grafik zeigt in relativen Häufigkeiten, wie sich die Zustimmung zu den einzelnen Aussagen verteilt. Insgesamt zeigt das Antwortverhalten, dass die Kapazitäten für Long COVID bei den meisten Reha-Einrichtungen ausreichend vorhanden sind. Ein Teil der Einrichtungen berichtet jedoch von Kapazitätsengpässen in der Versorgung von Long COVID-Patientinnen und -Patienten. So stimmte jeweils mehr als jeder zehnte Befragte den Aussagen voll zu, dass Plätze für andere Reha-Angebote reduziert werden mussten und dass sich die Wartezeit auf einen Reha-Platz insgesamt verlängert hat.

Neben der Frage, ob sich Wartezeiten auf einen Reha-Platz durch Long COVID verlängert haben, wurde auch erhoben, wie lang durchschnittlich die Wartezeit für einen Platz in der Rehabilitation ist – differenziert für Rehabilitationen bei Long COVID und andere Rehabilitationen.

Für eine Rehabilitation bei Long COVID wurde insgesamt eine fast identische Wartezeit berichtet wie für Rehabilitationen bei anderen Indikationen. Im Durchschnitt beträgt diese rund fünf bis sechs Wochen.

Pearsons Korrelationskoeffizient beträgt 0,909 und ist bei einem Signifikanzniveau von p<0,01 signifikant. Es kann also davon ausgegangen werden, dass Rehabilitanden mit Long COVID nicht länger oder kürzer auf einen Platz in einer Reha-Einrichtung warten als andere Rehabilitanden.

Zudem gaben 146 (94,8%) von 154 Einrichtungen an, dass für die Behandlung von Rehabilitanden mit Long COVID keine festen Betten vorgesehen sind. 8 Einrichtungen gaben an, dass dies der Fall ist. 19 der 173 Einrichtungen haben diese Frage nicht beantwortet.

Voraussetzungen für Long-COVID

Neben den Kapazitäten wurde erhoben, ob die Voraussetzungen für die Rehabilitation für Menschen mit Long COVID-Erkrankung in den Einrichtungen gegeben sind. Die Befragten gaben dabei zu sechs Aussagen jeweils ihre Zustimmung auf einer Likert-Skala mit sechs Auswahloptionen an (1 = keine Zustimmung, 6 = volle Zustimmung). Es wurden personelle, räumliche, technisch-apparative und inhaltliche Voraussetzungen zur Behandlung abgefragt.

Die Grafik verdeutlicht, dass in den meisten Einrichtungen die unterschiedlichen Voraussetzungen für eine Rehabilitation für Menschen mit Long COVID weitestgehend gegeben sind. Rund 95% der Einrichtungen, in denen Rehabilitationen für Menschen mit Long COVID durchgeführt werden, stimmen der Aussage eher oder voll zu, dass die Voraussetzungen für die Reha bei Long COVID insgesamt gegeben sind. Insgesamt am niedrigsten ist die Zustimmung zur Aussage, dass ausreichend Personal hierfür vorhanden ist.

Kombinierte Betrachtung von Kapazitäten und Voraussetzungen

Aus der Zustimmung zu den drei Aussagen über vorhandene Kapazitäten und den sechs Aussagen zu gegebenen Voraussetzungen wurde jeweils ein Index gebildet, der abbildet, ob in einer Reha-Einrichtung insgesamt die Kapazitäten für die Rehabilitation bei Long COVID vorhanden sind bzw. ob allgemein die Voraussetzungen für die Rehabilitation bei Long COVID gegeben sind. Dafür wurden die Zustimmungswerte der Likert-Skalen (1 = keine Zustimmung bis 6 = volle Zustimmung) addiert und durch die Anzahl der Items geteilt. Im Ergebnis gibt der Index damit für jede Einrichtung den Mittelwert der Items zu Kapazitäten und Voraussetzungen für die Rehabilitation bei Long COVID wieder.

Die Analyse der beiden Indizes gibt einen generalisierten Eindruck über die Kapazitäten und Voraussetzungen in den Reha-Einrichtungen. Niedrige Werte bilden fehlende Kapazitäten bzw. fehlende Voraussetzungen ab, höhere Werte bilden ausreichende Kapazitäten bzw. gute Voraussetzungen ab. Die Skala reicht wie die ursprünglichen Items von 1 bis 6.

Die folgende Tabelle beschreibt die wichtigsten Kennzahlen der gebildeten Indizes der Stichprobe.

Wie auch die Auswertung der einzelnen Items zeigt, sind bei den meisten Reha-Einrichtungen die Voraussetzungen für die Rehabilitation bei Long COVID gegeben und die Kapazitäten dafür vorhanden, was an den hohen Mittelwerten und Medianen bei relativ niedriger Streuung zu erkennen ist.

Bei beiden Indizes gibt es jedoch Einrichtungen, die niedrige Werte erzielen. Das heißt, dass diese Einrichtungen bei mehreren oder allen Items schlechtere Voraussetzungen bzw. fehlende Kapazitäten berichteten. Der Vergleich zeigt, dass insgesamt die Voraussetzungen eher gegeben sind als die Kapazitäten für die Rehabilitation bei Long COVID. Im folgenden Streudiagramm sind die Werte beider Indizes für jede einzelne Einrichtung abgebildet.

Jeder Punkt stellt hier eine Einrichtung dar. Abhängig von den Werten in beiden Indizes werden sie im Streudiagramm abgebildet. Die Einschätzung der Kapazitäten ist auf der X-Achse abgebildet: Je weiter rechts eine Einrichtung verortet ist, desto mehr sind die Kapazitäten ausreichend. Die Einschätzung der Voraussetzungen ist auf der Y-Achse abgebildet: Je weiter oben eine Einrichtung verortet ist, desto besser sind die personellen, räumlichen, technischen und inhaltlichen Voraussetzungen in der Einrichtung.

Durch die kombinierte Betrachtung beider Indizes zu Kapazitäten und Voraussetzungen können die Einrichtungen in vier Gruppen unterteilt werden. Für diese Einteilung wurde der Mittelpunkt beider Skalen (Wert = 3,5) als Grenzwertkriterium festgelegt.

Die Einteilung macht deutlich, dass für rund zwei Drittel der befragten Einrichtungen, in denen Rehabilitanden mit Long COVID behandelt werden, insgesamt die Kapazitäten hierfür vorhanden sind und auch die Voraussetzungen gegeben sind. In etwa jeder vierten Einrichtung sind zwar die Voraussetzungen gegeben, es fehlt jedoch an Kapazitäten. Deutlich weniger Einrichtungen geben an, dass zwar Kapazitäten vorhanden sind, es aber an den Voraussetzungen fehlt (3,1%). Neun (6,9%) der Einrichtungen geben sowohl fehlende Kapazitäten als auch fehlende Voraussetzungen für die Rehabilitation für Menschen mit Long COVID an. Die Auswertungen beziehen sich auf 131 der insgesamt 173 Einrichtungen, in denen Rehabilitanden mit Long COVID-Erkrankungen behandelt werden. Die übrigen 42 Einrichtungen konnten wegen fehlender Werte nicht in diese Auswertung einbezogen werden.

Non-Long-COVID-Einrichtungen

Die folgenden Auswertungen beziehen sich auf die 165 medizinischen Reha-Einrichtungen, die angeben, keine Rehabilitationen für Menschen mit Long COVID-Erkrankung durchzuführen.

Es wurden die Gründe dafür erhoben, warum in diesen Einrichtungen keine Rehabilitation für Menschen mit Long COVID-Erkrankung stattfindet. Die Befragten konnten dabei mehrere der folgenden Gründe auswählen und/oder weitere Begründungen abgeben.

Die häufigsten Gründe dafür, dass keine Reha für Menschen mit Long COVID angeboten wird, sind fehlende Zulassungen (58,8%) und fehlende Behandlungskonzepte für Long COVID-Erkrankungen (48,5%). Fehlende Voraussetzungen oder fehlende Kapazitäten werden ebenfalls von vielen befragten Einrichtungen genannt. Insgesamt geben 19 Einrichtungen an, dass Rehabilitationen für Long COVID-Erkrankte durchgeführt werden können, aber keine Belegung stattfindet.

Bei den weiteren Gründen gaben 22 (13,3%) Einrichtungen an, dass Long COVID-Erkrankungen nicht in das Fachgebiet der Einrichtung passen und daher keine entsprechenden Reha-Angebote bestehen. Es wurde außerdem mehrfach angegeben, dass andere Reha-Einrichtungen der eigenen Unternehmensgruppe oder in der Umgebung Rehabilitationen für Menschen mit Long COVID anbieten.

Erhoben wurde auch, ob die Einrichtungen, die derzeit keine Rehabilitation bei Long COVID anbieten, dies mittelfristig planen. 28 Einrichtungen (18,2%) planen dies, 126 Einrichtungen (81,8%) nicht. 11 Befragte beantworteten die Frage nicht.

Fazit

Zusammenfassend kann zur aktuellen Situation bezüglich Long COVID in medizinischen Reha-Einrichtungen folgendes festgehalten werden:

  • Der Versorgungsbereich der medizinischen Rehabilitation ist überwiegend auf die Versorgung von Betroffenen mit Long-COVID vorbereitet.
  • Rehabilitationsangebote für Menschen mit Long COVID-Erkrankung sind im ganzen Bundesgebiet vorhanden.
  • Die Mehrheit aller Einrichtungen, in denen Long-COVID behandelt wird, verfügt über freie Kapazitäten für die Behandlung. Wartezeiten auf einen Reha-Platz haben sich insgesamt nicht systematisch verlängert.
  • 95 % der Einrichtungen, in denen Long-COVID behandelt wird, bestätigen, dass die Gesamtvoraussetzungen für eine Rehabilitation bei Long-COVID in der Einrichtung eher oder voll gegeben sind.
  • Für rund zwei Drittel der befragten Einrichtungen, in denen Rehabilitanden mit Long COVID behandelt werden, sind sowohl die Kapazitäten hierfür vorhanden als auch die personellen, räumlichen, technisch-apparativen und fachlichen Voraussetzungen gegeben. Der Rest berichtet entweder über fehlende Kapazitäten und/oder über fehlende Voraussetzungen oder eine Kombination von beiden.

Weitere Auswertungen zur Ausgestaltung der Reha bei Long COVID, Vereinbarungen zwischen Leistungserbringern  und Leistungsträgern, Schnittstellen zu vor- und nachgelagerten Versorgungsbereichen sowie eine differenzierte Diskussion der Ergebnisse der Bestandsaufnahme werden auf dieser Website Ende Oktober und Mitte November veröffentlicht.

Inhaltsübersicht

 

Weitere Informationen zum Thema Weiterentwicklung und Forschung
Zum Filtern Icon auswählen
News
Termine
Publikationen
BAR