Abgrenzung der medizinischen Reha von anderen Gesundheitsleistungen
Neben den Leistungen zur Teilhabe, welche die medizinische Rehabilitation einschließen, bietet der Sozialstaat bzw. das Sozialversicherungssystem eine Vielzahl weiterer Leistungen mit gesundheitlichem Bezug für Kinder und Jugendliche bzw. deren Familien. Die Abgrenzung dieser Leistungen voneinander stellt auch für Fachkräfte oft eine Herausforderung dar.
Rehabilitation sollte insbesondere nicht mit Vorsorgeleistungen (sog. Sekundärprävention) verwechselt werden. Vorsorgeleistungen bietet die gesetzliche Krankenversicherung sowohl für Kinder und Jugendliche als auch für Erwachsene, speziell für Mütter oder Väter an.
Zunächst werden bei einer Erkrankung immer die ambulanten (und ggf. stationären) Möglichkeiten der Krankenbehandlung genutzt. Wenn diese jedoch nicht ausreichen und eine komplexe interdisziplinäre Behandlung erforderlich ist, kann Rehabilitation erbracht werden (vgl. § 40 Abs. 1 SGB V).
Gesetzesverweise zur Unterscheidung der Leistungen
- ambulante ärztliche Behandlung gemäß § 28 SGB V zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten
- Heilmittelversorgung gemäß § 32 SGB V i.V.m. § 3 Heilmittel-Richtlinie zur Heilung einer Krankheit, Verhütung ihrer Verschlimmerung oder Linderung von Krankheitsbeschwerden, vorliegend auch um einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken
- Vorsorge gemäß § 23 SGB V, vorliegend um einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken
- Pflege zur Wiedergewinnung oder zum Erhalt der körperlichen, geistigen oder seelischen Kräfte und als Hilfe zur Führung eines möglichst selbständigen und selbstbestimmten Lebens (vgl. § 2 SGB XI)
Rehabilitation als Ergänzung bzw. im zeitlichen Anschluss an andere Leistungen
- Früherkennung/Frühförderung gemäß § 46 SGB IX zur Erkennung einer drohenden oder bereits eingetretenen Behinderung und zum Ausgleich oder zur Milderung der Behinderung durch gezielte Förder- und Behandlungsmaßnahmen
- Akutbehandlung von psychischen Erkrankungen (z.B. Schizophrenie, Borderline, schwere Persönlichkeitsstörungen) und insbesondere Suchterkrankungen: Die Krankenbehandlung (ggf. Entzugsbehandlung) in kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtungen erfolgt grundsätzlich zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung, während Rehabilitation für bestimmte Störungsbilder auch von der Rentenversicherung übernommen werden kann. Bei Suchterkrankungen (Entwöhnungsbehandlung, ggf. Adaptation) wird diese jedoch nur dann von der Rentenversicherung getragen, wenn der Jugendliche oder junge Erwachsene dort bereits selbst Beiträge zahlt. Das für die (teil-)stationäre Leistungserbringung geltende Kriterium der "Gruppenfähigkeit" stellt oftmals eine eher hohe Hürde dar.
Mögliche Leistungen, wenn die Gesundheitsprobleme der Eltern im Vordergrund stehen
- Mutter-/Vater-Kind-Vorsorge als eine – vom Kind lediglich begleitete – Vorsorgeleistung für Mutter oder Vater gemäß § 24 SGB V zur Beseitigung einer Schwächung der Gesundheit und der allgemeinen Leistungsfähigkeit bzw. zur Verhütung von Krankheiten oder Vermeidung von deren Verschlimmerung oder von Pflegebedürftigkeit
- Mutter-/Vater-Kind-Rehabilitation als eine – vom Kind lediglich begleitete – medizinische Rehabilitationsleistung für Mutter oder Vater gemäß § 41 SGB V zur Abwendung, Beseitigung, Minderung oder zum Ausgleich von Behinderungen (einschl. chronischer Krankheiten) oder zur Verhütung von deren Verschlimmerung oder zur Vermeidung von Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit und Pflegebedürftigkeit
Die jeweiligen Zielsetzungen von Rehabilitations- und Vorsorgeleistungen für Kinder und Jugendliche erläutert das auf BAR-Ebene vereinbarte Gemeinsame Rahmenkonzept. Die "Begutachtungsrichtlinie Vorsorge und Rehabilitation" (GKV-Spitzenverband/Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen) führt die Kriterien zur Abgrenzung von Vorsorge und Rehabilitation näher aus.
Prävention ist aber grundsätzlich eine Aufgabe aller Rehabilitationsträger. Diese wirken auf die Vermeidung des Eintritts einer Behinderung einschließlich einer chronischen Krankheit im Wege einer Verringerung oder Verhinderung gesundheitsbeeinträchtigender Prozesse hin, auf den Abbau gesundheitsgefährdender Belastungen und die Stärkung von Ressourcen (vgl. § 3 SGB IX). Hierzu haben die Reha-Träger eine Gemeinsame Empfehlung verabschiedet, die Gemeinsame Empfehlung "Prävention nach § 3 SGB IX".
Um Auffälligkeiten in der kindlichen Entwicklung, der Gesundheit und der Versorgung frühzeitig zu erkennen und abzuklären, spielt außerdem der Öffentliche Gesundheitsdienst eine maßgebende Rolle. Gezielte Beratung und Hilfeangebote durch den Kinder- und Jugendgesundheitsdienst (wie auch den Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienst beim Jugendamt) sollen die positive Entwicklung von Kindern gewährleisten und mögliche Gefährdungen und Beeinträchtigung des Kindeswohls vermeiden bzw. beheben.
- PublikationenAktuelle "Reha-Info": Familie und RehaBAR-Fachzeitschrift, Ausgabe 2/2022: Grundsätze & Leistungen; Hilfe für pandemiebelastete Familien
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