Editorial Reha-Info 06/2022
Liebe Leserin und lieber Leser,
Nach wie vor ist der Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen mit Hemmnissen verbunden. Zwar hat deren Erwerbstätigkeit in den letzten Jahren zugenommen, die Er-werbslücke zwischen Menschen mit Behinderungen und Nichtbehinderten bleibt aber hoch. So sind 57 Prozent der Menschen mit Behin-derungen zwischen 15 und 64 Jahren in den Arbeitsmarkt integriert, die Erwerbsquote nichtbehinderter Menschen in dieser Altersgruppe beträgt 82 Prozent.
Einmal abgesehen davon, dass die Teilhabe am Arbeitsleben wie kaum ein anderer Gesellschaftsbereich sinn- und identitätsstiftend für die einzelnen Mitglieder der Gesellschaft ist, die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt haben sich in den vergangenen Jahren rapide verändert. Fachkräftemangel, Flexibilisierung oder Digitalisierung sind Parameter einer gewandelten Arbeitswelt, der sich auch Menschen mit Behinderungen stellen müssen.
Gleichzeitig liegen hier die Chancen für einen wirklich inklusiven Arbeitsmarkt. Wettbewerbsdruck und Fachkräftemangel könnten Arbeitgeber darin bestärken, das Potenzial vielfältiger Teams zu fördern, den Fokus auf die Stärken von Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen zu richten und weniger die Hürden und Defizite im Blick zu haben. Tatsächlich haben laut eines Reports des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) zur beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen aus dem Jahr 2021 Erwerbstätige mit Behinderungen regelmäßig eine höhere Qualifikation, als es für die ausgeübte Tätigkeit notwendig wäre. Hier liegt also ungenutztes Potenzial.
Und es gilt dieses Potenzial für die Gewinnung von Arbeitskräften zu nutzen. Dessen müssten sich alle in der beruflichen Rehabilitation Tätigen bewusst sein, erläutert Eva Strobel, Geschäftsführerin Geld-leistungen und Rehabilitation der Bundesagentur für Arbeit im Interview in dieser Ausgabe, aber auch, dass Inklusion am Arbeitsmarkt schlicht ein Menschenrecht ist. Das kann nur gemeinsam gelingen, mit vielfältigen Kooperationen, enger Zusammenarbeit der Akteure, innovativen Ideen und einem hohen Maß an Anpassungsvermögen, wie die Beiträge in dieser Ausgabe zeigen.
Ich wünsche Ihnen eine schöne Weihnachtszeit
und ein gesundes neues Jahr.
Ihre Helga Seel