Vereinbarung zur Umsetzung der Gemeinsamen Empfehlung (GE) Reha-Prozess
Im Rahmen des Teilhabehauses Bonn haben die Deutsche Rentenversicherung Bund, die Bundesagentur für Arbeit und das Jobcenter auf Initiative des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) eine Vereinbarung zur Umsetzung der Gemeinsamen Empfehlung (GE) Reha-Prozess abgeschlossen. Die Reha-Info hat mit den Verantwortlichen gesprochen.
1. Könnten Sie bitte die Zielsetzung der Verfahrensabsprache kurz erläutern?
Die Zielsetzung der Verfahrensabsprache liegt auf der Hand: Es geht darum, es Menschen mit Behinderungen und/ oder Beeinträchtigungen zu ermöglichen, zügig, zeitnah, nahtlos und vor allem zwischen den jeweiligen Rehabilitationsträgern und den weiteren Beteiligten abgestimmt die ihnen zustehenden Leistungen zu erhalten. Damit dies gelingen kann, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten erforderlich und Voraussetzung.
2. Wie wurde die Idee zur Verfahrensabsprache entwickelt und welche Rolle spielte das Teilhabehaus im Jobcenter Bonn?
Da Teilhabehaus Bonn fußt auf dem Bundesprojekt „rehapro“. Es gehört zu den Zielsetzungen des Bonner Projektes, Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen eine Unterstützung „aus einer Hand“ anzubieten. Hierbei helfen kurze Kommunikations- und Entscheidungswege. Transparenz über Leistungs- und Versorgungsansprüche helfen Leistungsberechtigten dabei ihre Ohnmachtsempfindungen zu überwinden und selbstbestimmt Wege aus der Krankheit zu finden und die Einschränkungen dauerhaft hinter sich zu lassen.
In der Kooperationsvereinbarung dieses Projektes wurde als ein Baustein zur Vertiefung der Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger in der Stadt Bonn die Bildung einer regionalen Arbeitsgemeinschaft nach §25 SGB IX angeregt. Aus rechtlichen und organisatorischen Gesichtspunkten entstand hieraus die vorliegende Verfahrensabsprache.
3. Die Umsetzung der Gemeinsamen Empfehlung (GE) Reha-Prozess ist die Grundlage der Verfahrensabsprache. Wie lässt sich eine nahtlose und zügige Gestaltung des Reha-Prozesses mit der GE als „Roadmap“ realisieren?
Die Gemeinsamen Empfehlungen müssen gelebt werden! Man muss einfach anfangen und nicht auf die Schwierigkeiten und Bedenken, sondern auf die Möglichkeiten schauen.
4. Wie kann es gelingen, diesen hochkomplexen Prozess herunterzubrechen auf den Grundsatz: „Der Mensch steht im Mittelpunkt?“
Hier kommt es ganz entscheidend auf die Grundhaltung an, und dies an zwei Punkten: Zum einen müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Teilhabehaus Bonn den Sinn und die Notwendigkeit erkennen, eng und vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Im Mittelpunkt darf nicht die Frage stehen: „wie grenze ich mich von den anderen Leistungsträgern ab“, sondern die Frage: „wie können wir gemeinsam unsere Leistungen so gestalten, dass sie zum ratsuchenden Menschen passen? Was kann ich auf der Basis meiner rechtlichen Grundlagen dazu beisteuern, damit Teilhabe gelingen kann“?
Zum anderen ist entscheidend, den ratsuchenden Menschen nicht als „Bittsteller“ zu sehen, sondern sich immer wieder vor Augen zu führen, dass wir Leistungsträger die Aufgabe haben, Teilhabe zu ermöglichen.
Werden diese beiden Grundhaltungen beherzigt, ist schon viel gewonnen.
5. Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit der Träger bei der Erarbeitung der Verfahrensabsprache?
In der Stadt Bonn gab es schon immer eine positive Kultur der Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Stellen. Insofern war eine gewisse „Vertrauensbasis“ vorhanden. Natürlich gab es Leistungsträger, die zunächst zurückhaltender bei der Erarbeitung der Verfahrensabsprache gewesen sind – diese sind aber immer „mitgenommen“ worden und dann auch überzeugt worden. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass man die Erarbeitung einer Verfahrensabsprache „nicht über das Knie brechen“ kann, sondern allen Beteiligten Zeit und Raum zugestanden werden muss, ihre Bedenken vorzutragen – und auf diese dann auch einzugehen.
Und es braucht einen „Treiber“, der die Fäden immer wieder in die Hand nimmt und den Prozess voranbringt.
6. Gibt es schon Erfahrungen, wie die Verfahrensabsprache vor Ort „gelebt“ wird?
Das Teilhabehaus bietet den unterschiedlichen Rehabilitationsträgern eine Plattform zur gemeinsamen Arbeit am Einzelfall. Der Blick auf die Bedarfe des einzelnen Menschen steht dabei im Fokus, eine daraus erwachsende verlässliche Prozess- und Kommunikationsstruktur untereinander ist das weitere Ziel. Die Verfahrensabsprache betont die Wichtigkeit und Notwendigkeit eines gemeinsamen Handelns und gibt der operativen Ebene einen offiziellen Rahmen. Konkret wird dies z. B. erkennbar an der zunehmenden Bereitschaft der Träger, vor Ort im Teilhabehaus Präsenz mit eigenem Personal anzubieten oder verbindliche Kontaktadressen auf der operativen Ebene auszutauschen.
Außerdem treffen sich die Rehabilitationsträger und das Jobcenter Bonn vier Mal im Jahr zu einer gemeinsamen Besprechung. Hier kommt in puncto Zusammenarbeit im Reha- und Teilhabeprozess alles offen auf den Tisch, die neu gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen, gute Beispiele, aber auch die Darstellung von Problemstellungen und offene, konstruktive Kritik.
Nächste Schritte, in einen engeren fachlichen Austausch zu gehen, werden folgen.
7. Was können Sie potenziellen „Nachahmern“ mit auf den Weg geben?
Sich einfach auf den Weg zu machen und viel miteinander zu reden! Es ist nicht zielführend, sich zunächst nur mit möglichen Problemen auseinanderzusetzen – diese kommen automatisch auf einen zu. Man muss die Beteiligten von der Idee begeistern – und diese Begeisterung wird dann auch durch den manchmal mühseligen Prozess tragen.