Hilfsmittelversorgung in der Rehabilitation – Zusammenstellung höchstrichterlicher Rechtsprechung* (Teil 3)
Die Zusammenstellung zentraler Kernaussagen höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Hilfsmittelversorgung wird hier mit Einzelheiten zum Versorgungsumfang im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung abgeschlossen.
Keine Leistungspflicht für Verbesserungen für berufliche Ebene, Freizeit u. a.
Ausgenommen von der Leistungspflicht der GKV sind solche Verbesserungen, die nur einen Ausgleich auf beruflicher oder gesellschaftlicher Ebene sowie den Freizeitbereich betreffen oder die nur Bequemlichkeit oder Komfort verbessern.
Ebenso nicht in den Leistungsbereich der GKV fallen Kfz-Ausstattung, Hilfsmittel für den Freizeitbereich, zur Verbesserung von Optik und Komfort sowie Hilfsmittel, die nur aufgrund des individuellen Wohnumfelds erforderlich werden und Hilfsmittel nach § 34 SGB V (Hilfsmittel von geringem therapeutischem Nutzen oder geringem Abgabepreis).
Vgl. u. a. BSG-Urteile v. 16.09.2004 – B 3 KR 20/04 R – C-Leg – , v. 26.03.2003 – B 3 KR 23/02 R – Rollstuhlladeboy – und v. 07.10.2010 – B 3 KR 13/09 R – Treppensteighilfe; zu Gebrauchsvorteilen für die Berufsausübung s. insb. BSG, Urt. v. 30.10.2014 – B 5 R 8/14 R – , v. 24.01.2013 – B 3 KR 5/12 R (vgl. Reha-Info 2/2014) - und v. 17.12.2009 – B 3 KR 20/08 R
Wirtschaftlichkeit versus Optimalversorgung
Im Bereich der GKV erstreckt sich der Anspruch auf die im Einzelfall ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Hilfsmittelversorgung, nicht jedoch auf eine Optimalversorgung.
St. Rspr., u.a. BSG, Urt. v. 07.05.2020 – B 3 KR 7/19 R –, v. 10.09.2020 – B 3 KR 15/19 R und v. 30.09.2015 – B 3 KR 14/14 R (vgl. Reha-Info 6/2016)
Unmittelbarer und mittelbarer Behinderungsausgleich, Grundbedürfnis des täglichen Lebens
Der von den Krankenkassen nach § 33 SGB V geschuldete Behinderungsausgleich bemisst sich danach, ob eine Leistung des unmittelbaren (z.B. in Form der Gewährung eines Körperersatzstücks bzw. einer Prothese) oder des mittelbaren Behinderungsausgleichs beansprucht wird.
Beim mittelbaren Behinderungsausgleich werden die strukturellen oder funktionellen Schädigungen nicht direkt ausgeglichen, sondern nur deren direkte oder indirekte Folgen (Beispiel: Mobilität durch Einsatz eines Elektro-Rollstuhls). Der unmittelbare Behinderungsausgleich ist grundsätzlich auf vollen Ausgleich der beeinträchtigten Funktion ausgerichtet.
BSG, Urt. v. 07.05.2020 – B 3 KR 7/19 R – und v. 30.09.2015 – B 3 KR 14/14 R (vgl. Reha-Info 6/2016)
Ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich gem. § 33 Abs. 1 Satz 1 Var. 3 SGB V, § 47 SGB IX ist von der GKV u.a. nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betrifft, hierfür erforderlich und zweckmäßig ist.
BSG, Urt. v. 10.09.2020 – B 3 KR 15/19 R (vgl. Reha-Info 1/2021)
Bei der Prüfung eines Anspruchs auf ein Hilfsmittel zum mittelbaren Behinderungsausgleich ist das zu befriedigende Grundbedürfnis nach Mobilität nicht zu eng zu fassen in Bezug auf die Art und Weise, wie sich Versicherte den Nahbereich der Wohnung zumutbar und in angemessener Weise erschließen.
BSG, Urt. v. 07.05.2020 – B 3 KR 7/19 R – Spezialtherapierad
Eine GPS-Uhr mit Alarmfunktion kann ein spezielles Hilfsmittel zum (im konkreten Fall: mittelbaren) Ausgleich einer geistigen Behinderung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung sein.
BSG, Urt. v. 10.09.2020 – B 3 KR 15/19 R (vgl. Reha-Info 1/2021)
* Aus Leitsätzen bzw. Orientierungssätzen nach JURIS sowie Entscheidungsgründen, redaktionell abgewandelt und gekürzt