Rechtsvergleich zur Umsetzung der UN-BRK in den Behindertengleichstellungsgesetzen
Unterschiedliche Erfüllung von Regelungen in den Bundesländern
Rund 650 Millionen Menschen leben weltweit mit einer Behinderung. Bei der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) handelt es sich um ein internationales Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung. Es basiert auf dem Grundgedanken der Inklusion und zielt darauf ab, volle und gleichberechtigte Menschenrechte sowie Grundfreiheiten für Menschen mit Behinderung zu erreichen. Die UN-BRK wurde 2006 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet und ist 2008 nach Ratifizierung durch 20 Staaten in Kraft getreten. In Deutschland wurde sie 2009 in Kraft gesetzt. Von 2011 bis 2015 führte der UN-Fachausschuss die erste Staatenprüfung Deutschlands zur Umsetzung der UN-BRK durch, von 2018 bis 2023 dann die zweite.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) überwacht als Monitoring-Stelle die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Deutschland. Die Behindertengleichstellungsgesetze (BGG) von Bund und Ländern sind von großer Bedeutung für die Umsetzung der UN-BRK. Sie ergänzen die Bestimmungen zum Benachteiligungsverbot aus dem Artikel 3 des Grundgesetzes: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“.
Die Behindertengleichstellungsgesetze in den Bundesländern lehnen sich im Allgemeinen an die Bestimmungen des Bundesgleichstellungsgesetzes an und ergänzen es bedarfsorientiert um regionale Besonderheiten. Im Blickpunkt der BGGs stehen insbesondere Vorgaben zur Barrierefreiheit in Bau, Kommunikation und Verkehr, die Einrichtung von Stellen (Interessenvertretungen und Beratungsstellen) und die Benennung von Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderung, Ausführungen zur Sicherung der Teilhabe von behinderten Menschen sowie Maßnahmen zur Bestimmung von Inklusionsbeiräten. Genauso relevant sind Regelungen bei Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot inklusive Rechtsschutz, Anforderungen an die Ausgestaltung von Formularen der öffentlichen Verwaltungen, Spezifika bzgl. der besonderen Belange von Frauen mit Behinderung sowie Festlegung von Berichtspflichten und anderen Monitoring-Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Landes-BGGs.
Die seit der Jahrtausendwende geltenden BGGs werden unter Berücksichtigung der UN-BRK weiterentwickelt. Das DIMR hat 2023 einen Rechtsvergleich zu den BGGs auf Bundes- und Landesebene (n = 17) veröffentlicht. Verglichen wurde die Berücksichtigung und Ausgestaltung von Regelungen in den BGGs (siehe Abbildung 1).
Die Auswertung des DIMR verweist einerseits auf Fortschritte und gute Standards zum gesetzlichen Schutz vor Diskriminierung von Menschen mit Behinderung in BGGs. Andererseits wird die unterschiedliche Erfüllung von Regelungen aus der UN-BRK in den BGGs von Bund und Ländern deutlich. Das DIMR stellt daher Factsheets für die jeweilige Regelung zur Verfügung, die neben Hintergründen und Ergebnissen des Vergleichs auch Empfehlungen für die Weiterentwicklung der Gesetze umfassen.
Im Vergleich erweist sich das Land Berlin als Spitzenreiter, da es am meisten Regelungen aus der UN-BRK in seinem BGG erfüllt hat. Alphabetisch sortiert rangieren im Mittelfeld der Bund sowie die Länder Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen belegen die hinteren Plätze.
Weiterentwicklungsbedarf besteht u. a. in Fragen der Verbindlichkeit der Regelungen, der Kommunikation in leichter Sprache, der Kenntnisse der Behörden über die Inhalte der BGGs, der institutionellen Unabhängigkeit von flankierenden Stellen wie beispielsweise Fachstelle Barrierefreiheit und der Verwendung von Begriffen, die als diskriminierend empfunden werden können.
Eine Auswahl weiterer Forschungsberichte zu Rehabilitation, Teilhabe und Inklusion finden Sie im Forschungsrückblick 2023 der BAR: www.bar-frankfurt.de > Themen > Weiterentwicklung und Forschung > Jahresrückblicke Direkte Beteiligung an Projekt und Netzwerk sind erwünscht! |