Kommunikation mit Menschen (mit Behinderung) ist so individuell, wie jeder einzelne Mensch selbst
Vier Fragen an Julia Hauffen
1. Welche Rolle spielte das Thema Kommunikation während Ihres Studiums?
Kommunikation war ein zentraler Bestandteil meines dualen Studiums bei der Bundesagentur für Arbeit (BA). Zur Schulung der Beratungskompetenz standen diverse Beratungstheorien, Kommunikationstechniken und -methoden sowie psychologische und pädagogische Grundlagen auf dem Lehrplan. In Beratungssimulationen wurde Kommunikation mit verschiedenen Kundentypen eingeübt. Mit diesen Übungen habe ich mich schwergetan, da ich die Kommunikation als unnatürlich und inszeniert empfunden habe. Erst in den praktischen Phasen mit „echten Kundinnen und Kunden“ konnte ich erproben, welche Techniken im Gespräch zielführend sind und zu mir passen. Kommunikation sollte immer authentisch sein und sich individuell auf sein Gegenüber beziehen. Vorgegebene Gesprächsstrukturen, die man auf Biegen und Brechen versucht umzusetzen, behindern die Kommunikation.
2. Wie gestaltete sich für Sie der Übergang in den Arbeitsalltag eines Reha-Trägers?
Der Übergang vom Studium ins Arbeitsleben war eine Herausforderung. Unmittelbar nach meinem Studium wurde mir die Aufgabe der Beratungsfachkraft für berufliche Rehabilitation und Teilhabe für die Bereiche Erst- und Wiedereingliederung übertragen. Nach wenigen Monaten übernahm ich bereits eigenständig die ersten Beratungsgespräche. Mit Menschen offen zu kommunizieren, fiel mir zum Glück nie schwer, und so konzentrierte ich mich in der ersten Zeit darauf, aufmerksam zuzuhören und eine vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre zu schaffen. In der Reha-Beratung geht es häufig um sehr sensible Themen; schlechte Erfahrungen mit Behörden, Stigmatisierung, Diskriminierung, Sorgen und Ängste aller Art. Hier brauchte es zu Beginn meiner Zeit als Beraterin großen Mut und Selbstvertrauen, keine Angst zu haben, das Falsche zu sagen. Die Kommunikation mit Menschen mit Behinderung – grundsätzlich mit allen Menschen – ist so individuell, wie jeder einzelne Mensch selbst.
3. Wie gelingt nach Ihren Erfahrungen eine Teilhabeorientierte Beratung von Menschen mit Behinderungen?
Die persönliche Beratungskompetenz braucht Zeit und Übung, um zu wachsen. Es ist eine Frage der Haltung, seinem Gegenüber mit Offenheit und Freundlichkeit zu begegnen und sich möglichst unvoreingenommen auf ihn einzulassen. Im Beratungskontext kommen Menschen mit Behinderung mit einem bestimmten Anliegen zu uns – sie brauchen unsere Unterstützung und gute Beratung. Als Reha-Träger ist es unser Auftrag, den Kunden mit seinem Beratungsanliegen ernst zu nehmen und ihn adressatengerecht und zielführend zu beraten und zu informieren. Hier braucht es Kommunikation in allen Facetten; in einfacher oder leichter Sprache, mal mit Händen und Füßen, in Bildern, mit Hilfe von Dolmetschern, mit und ohne Blickkontakt, mal laut und deutlich und mal leise, um behördliche Entscheidungen transparent zu machen und komplexe Sachverhalte zu veranschaulichen. Nicht immer ist man einer Meinung und Entscheidungen fußen auf Gesetzen. In diesen Situationen braucht es klare verständliche Sprache. Wenn man sich auf all das einlässt und sich diesem wichtigen Auftrag bewusst ist, dann passiert gute Teilhabeberatung fast automatisch.
4. Welche Rolle spielt für Sie Kommunikation in der trägerübergreifenden Zusammenarbeit?
Kommunikation ist ein Muss für jede Zusammenarbeit. Bei all der Komplexität im Teilhabegeschäft und den Eigenheiten der einzelnen Träger, kann trägerübergreifende Zusammenarbeit nur funktionieren, wenn man Transparenz schafft und auf möglichst kurzen Wegen miteinander kommuniziert. Für den Aufbau eines Netzwerks braucht es neben Initiative Informationsbereitschaft und Informationskompetenz. Bei der Netzwerkbildung handelt es sich um einen stetigen Prozess; Kontakte müssen aufgebaut und gepflegt werden. Damit eine Zusammenarbeit Bestand hat und Barrieren abgebaut werden, braucht es die gegenseitige Bereitschaft, Informationen schnell und unkompliziert auszutauschen.