Digitale Gesundheits- und Pflegeanwendungen – wo stehen wir?
Digitalisierung und Barrierefreiheit
Digitale Gesundheits-Apps – GKV ist auf dem Weg
Die Digitalisierung hält auch Einzug in den Leistungskatalog der GKV. Im Dezember 2019 wurde dort die „App auf Rezept“ eingeführt. Seitdem besteht für mehr als 73 Millionen Versicherte in der GKV ein Anspruch auf digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA), die von Ärztinnen und Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten verordnet werden können. Die Hersteller der Di-GA müssen hierzu beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) einen Antrag auf Aufnahme der Anwendungen in ein Verzeichnis erstattungsfähiger Produkte stellen, damit diese dann in die Regelversorgung gelangen. Startschuss der ersten DiGA war bereits Oktober 2020 mit der Zulassung zweier Anwendungen für Patientinnen und Patienten mit Tinnitus oder Angststörungen. Mittlerweile hat das BfArM insgesamt 20 DiGA für verschiedene Krankheitsbilder zugelassen (siehe Abbildung). Die Hälfte der Anwendungen adressiert dabei psychische Diagnosen. Von den bisher zugelassenen DiGA wurden 75 Prozent vorerst zur Erprobung zugelassen. In dieser Phase müssen die digitalen Anwendungen erst noch ihre positiven Versorgungseffekte in Studien belegen. Auf Dauer erstattungsfähig bleiben die DiGA nur, wenn sie dies nachweisen können. Neben den bereits zugelassenen DiGA befinden sich derzeit über 20 weitere Anträge von Herstellern in Bearbeitung beim BfArM.
DiGA stellen einen wichtigen Baustein für mehr Digitalisierung im Gesundheitswesen dar. Gerade die herausfordernden Zeiten der Corona-Pandemie haben gezeigt, wie wichtig digitale Lösungen in der Gesundheitsversorgung sein können. Mit dem Blick auf die Wirtschaftlichkeit der Versorgung besteht aus Sicht des vdek jedoch noch Nachbesserungsbedarf bei der Vergütung.
Abbildung „Zulassung der DiGA nach Krankheitsbildern“
Anzahl nach Erkrankungsbild
Die Einführung von Höchstbeträgen ist dringend notwendig, um übertriebene Preisforderungen zu begrenzen.
So gelten für das erste Jahr der Zulassung die Preise der Hersteller, die sich derzeit auf bis zu 750 Euro pro Quartal belaufen. Diese Preise stehen in keinem Verhältnis zu alternativen (analogen) Leistungen in der Regelversorgung. Vor diesem Hintergrund ist die Einführung von Höchstbeträgen dringend notwendig, um übertriebene Preisforderungen zu begrenzen. Noch in diesem Jahr werden die ersten Verhandlungen über die Vergütungsbeträge der DiGA, die ab dem 13. Monat der Zulassung gelten, zwischen den Herstellern und der GKV stattfinden.
Für die Nutzung einzelner DiGA kann eine unterstützende ärztliche Begleitleistung für Patientinnen und Patienten notwendig und sinnvoll sein. Die ersten zwei Begleitleistungen für dauerhaft zugelassene DiGA wurden bereits beschlossen und können seit dem 1. Januar 2021 von Vertragsärztinnen und -ärzten abgerechnet werden. Dazu zählt beispielsweise eine Verlaufskontrolle der Gesundheitsdaten. Übrigens wurden die DiGA mit dem „Gesetz zur Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen“ (Teilhabestärkungsgesetz) auch im Katalog der medizinischen Reha-Leistungen verankert (§ 42 Absatz 2 SGB IX). Zudem wurden im (neuen) Paragrafen 47a die formalen Anforderungen und die Zweckbindung erstattungsfähiger Apps definiert.
Digitale Pflege-Apps – auch die Pflege wird digital
Aber auch in der Pflegeversicherung nimmt die Digitalisierung „Fahrt“ auf. Mit dem „Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz“ (DVPMG) wird auch hier ein Leistungsanspruch auf Digitale Pflegeanwendungen (DiPA) verankert. Die digitale Unterstützung eines selbstbestimmten Lebens in den eigenen vier Wänden und der Austausch zwischen Pflegekräften und Angehörigen soll durch die DiPA verbessert werden. Mögliche Anwendungen sollen Trainingsprogramme zur Stabilisierung kognitiver und körperlicher Fähigkeiten sein. Wichtig ist jedoch, dass bei der Nutzung der DiPA stets die pflegebedürftigen Menschen im Mittelpunkt der Anwendung stehen.
Um Pflegebedürftigen in diesem Sinne den Umgang mit DiPA zu ermöglichen, gibt es bei Bedarf zusätzlich einen Anspruch auf ergänzende Unterstützungsleistung durch einen ambulanten Pflegedienst. Für beide Leistungen gewähren die Pflegekassen monatlich einen Höchstbetrag von 50 Euro. Diese Höchstgrenze wurde gesetzlich eingezogen, um übertriebenen Preisentwicklungen wie bei den DiGA entgegenzutreten. Der Prozess der Aufnahme und Zulassung neuer Pflegeanwendungen in den Katalog orientiert sich stark an den bereits etablierten Abläufen im DiGA-Bereich.