Die Rolle von Partnerschaft und Familie
Vor und während einer Rehabilitationsmaßnahme
Im Rahmen des Projekts DIPExGermany (Datenbank Individueller Patient:innen Erfahrungen) haben wir auf der Webseite www.krankheitserfahrungen.de einen Erfahrungsbereich zur „medizinischen Reha“ eingerichtet. Hier berichten 38 Personen über ihre Erfahrungen in der medizinischen Reha. Diese Personen weisen ein möglichst breites Erfahrungsspektrum im Bereich medizinische Rehabilitation auf. Verschiedene Gründe für eine Rehabilitation ebenso wie Diversität bei Alter, Geschlecht, und Familienstand werden abgebildet.
In den Erzählungen wird deutlich, wie sehr Entscheidungen rund um die Rehabilitation mit der persönliche Situation in Verbindung stehen, vor allem mit Partnerschaft und Familie. Dies gilt für alle Phasen einer Rehabilitation von der Vorbereitung bis weit in den Alltag nach der Rückkehr aus der Reha. Im Folgenden stellen wir die Bedeutung der Partnerinnen oder Partner und Familien in der Vorbereitung auf eine Reha und während des Reha-Aufenthalts dar. Diese Erfahrungen reflektieren wir abschließend im Hinblick auf die aktuelle Situation in der COVID-19-Pandemie.
Bereits die Wahl der Rehabilitationseinrichtung steht in Abhängigkeit vom Wunsch in der Nähe der Partnerinnen und Partner oder Familie zu sein oder eher die Distanz von ihnen zu suchen. Dies spielt in der Entscheidung für oder gegen eine ambulante Rehabilitation eine entscheidende Rolle. Manche brauchen Abstand, andere wählen die ambulante Rehabilitation, um weiter am Familienleben teilnehmen zu können.
Viele der von uns Befragten sorgten sich im Vorfeld der Reha um die Bewältigung des Haushalts und die Betreuung und Versorgung der Kinder oder der Partnerinnen und Partner während ihrer Abwesenheit. Manche engagierten für die Zeit der Reha eine Haushaltshilfe, andere suchten die Unterstützung durch die Großeltern oder die Partnerin oder der Partner sprangen ein. Für die Kinder konnte dies bedeuten, dass sie zu Hause mehr mithelfen mussten. Zu wissen, dass die Familie während der Zeit der Rehabilitation gut versorgt ist und zurechtkommt, entlastete die Rehabilitandinnen und Rehabilitanden. Auch die Möglichkeit, Kinder in die Rehabilitation mitzunehmen, wurde von einigen unserer Befragten genutzt. Sie berichteten, dass sie ihre Familien und Partnerinnen oder Partner während der Reha vermissten, sie aber in der Zeit auch von diesen aus der Ferne unterstützt wurden. Den Kontakt zu Partnerin, Partner und Familie in Form von Telefonaten, Briefen oder Besuchen vor Ort, während der Reha, erlebten viele als angenehm. Andere wollten während der Zeit der Rehabilitation bewusst Abstand und keine Besuche von Angehörigen, um sich ganz auf den eigenen Genesungsprozess konzentrieren zu können. Auch fiel es ihnen mit dem Abstand leichter, neue Kontakte zu knüpfen.
Familiäres Umfeld wichtig bei Reha-Entscheidung
Die erhobenen Erfahrungsberichte deuten auf die hohe Bedeutung von Familien und Partnerinnen sowie Partnern vor und während einer Rehabilitationsmaßnahme hin: Welches Reha-Format und welcher räumliche Abstand sind sinnvoll? Wie kann die Versorgung zu Hause funktionieren, wenn man selbst nicht da ist? Wie geht man mit der Einsamkeit und dem Fehlen der Familie während einer Rehabilitation um? Dies sind Themen, die Männer und Frauen vor einer Rehabilitation beschäftigen.
Fragen rund um das Thema Versorgung, Kontakt und Distanz im Zusammenhang mit einer Reha-Maßnahme wurden während der akuten COVID-19-Pandemie noch komplexer. Familien und Menschen mit chronischen Erkrankungen sind in der Pandemie einerseits besonders belastet – und die Ermöglichung und Organisation einer Reha-Maßnahme ist deutlich erschwert. Beispielsweise ist die Unterstützung im Haushalt schwieriger: Soll und kann eine Haushaltshilfe ins Haus kommen, ohne die Familie zu gefährden? Was passiert, wenn die Kinderbetreuung wegen Quarantäne aus fällt oder Betreuende erkranken und keiner die Kinder oder hilfsbedürftige Familienangehörige versorgen kann? Wie lässt sich der Kontakt für beide Seiten gut gestalten, wenn es während der Rehabilitation ein Besuchsverbot gibt oder alle Beteiligten nach zwei Jahren Pandemie nicht geübt sind mit längerem Getrenntsein? Dies sind Themen, die die Entscheidung für oder gegen eine Rehabilitation, aber auch die Erfahrungen während des Reha-Aufenthaltes, stark beeinflussen und verändern.