„Es bleibt spannend“
Fachtagung „Bedarfsermittlung und ICF in der beruflichen Rehabilitation – aktuelle Situation aus unterschiedlichen Perspektiven“ in Stendal
Am 28. Juni 2012 veranstaltete die BAR gemeinsam mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke (BAG BBW) e.V. und der Hochschule Magdeburg-Stendal (Prof. M. Morfeld) eine Fachtagung zum Thema „Bedarfsermittlung und ICF in der beruflichen Situation – aktuelle Situation aus unterschiedlichen Perspektiven“ in Stendal. Rund 60 geladene Expertinnen und Experten aus den Bereichen der Leistungsberechtigten und ihrer Vertreter, der Leistungsträger, Leistungserbringer, Wissenschaft sowie Wirtschaft und Unternehmen diskutierten in parallelen Workshops den aktuellen Stand der Bedarfsermittlung im Zusammenhang mit der Teilhabe am Arbeitsleben, auch mit Blick auf die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (engl. kurz „ICF“) . Die Tagung bildete den Auftakt der Machbarkeitsstudie zur „Prüfung von aktuellem Stand und Potenzial der Bedarfsermittlung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben unter Berücksichtigung der ICF“, die seit dem 19. März 2012 mit Förderung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) durch Mittel aus dem Ausgleichsfond von der BAR gemeinsam mit der BAG BBW und der Hochschule Magdeburg-Stendal durchgeführt wird.
Ziel dieses Projekts ist zunächst eine Bestandsaufnahme der derzeit eingesetzten Verfahren und Instrumente zur Bedarfsermittlung betreffend die Teilhabe am Arbeitsleben und ihre systematische Aufbereitung nach verschiedenen Kriterien (IST-Analyse). Weiterhin werden Möglichkeiten zur gezielteren Steuerung im Prozess der beruflichen Rehabilitation analysiert (SOLL-Analyse). Daraus sollen Empfehlungen abgeleitet werden, wie die Erbringungen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) für behinderte Menschen zukünftig personenzentrierter, effektiver und effizienter erfolgen kann. Insbesondere wird dabei überprüft, inwiefern die Orientierung an der ICF hierzu ein geeignetes Mittel sein könnte.
Bereits im Vorfeld hatte zur Vorbereitung der Veranstaltung, bei der es zunächst vor allem um die IST-Analyse ging, ein intensiver inhaltlicher Austausch mit den Akteurinnen und Akteuren stattgefunden. Eröffnet wurde der Tag mit einem Grußwort von Dr. Anna Robra (Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände), zukünftige alternierende Vorstandsvorsitzende der BAR. Sie stellte zunächst die Inhalte und Ziele des Projekts sowie des Veranstaltungstages vor. Anschließend begrüßte Alfons Polczyk (Leiter des Referats Prävention, Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, BMAS) die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und berichtete über die Hintergründe und Erwartungen an das Projekt seitens des Ministeriums, auch mit Blick auf den Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und die Empfehlungen der Initiative „RehaFutur“.
In den darauf folgenden einleitenden Impulsreferaten stellte Dr. Larissa Beck (BAR) zunächst die unterschiedlichen Anforderungen und Interessengruppen im „Spannungs-Feld“ der Bedarfsermittlung in der beruflichen Rehabilitation dar. Prof. Dr. Katja Nebe (Universität Bremen) erläuterte im Anschluss die sozialrechtlichen Aspekte der Bedarfsermittlung im Zusammenhang mit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Abschließend berichtete Claudia Soggeberg (Benediktushof gGmbH) über praktische Erfahrungen bei der Nutzung der ICF für Bedarfsermittlung und Prozesssteuerung im Berufsbildungswerk Maria Veen in Reken.
Nach der Mittagspause diskutierten die Teilnehmenden der Fachtagung dann in akteursspezifischen Workshops aus ihrer jeweiligen Sicht zentrale Fragen der Bedarfsermittlung in der beruflichen Rehabilitation: Wie und wodurch entsteht Bedarf? Wie wird Bedarf erfasst bzw. festgestellt? Welche Akteure sind eingebunden? Welche Verfahren werden eingesetzt? Wie bekannt und verbreitet ist die ICF? Entsprechend dem Gesamtvorhaben der Machbarkeitsstudie wurden Qualifikations- und Integrationsmaßnahmen für jugendliche und erwachsene Menschen mit bestehender oder drohender Schwerbehinderung bzw. Gleichstellung i. S. d. § 2 Abs. 2 und 3 SGB IX fokussiert. Im Projekt werden dabei neben der Bedarfsermittlung für LTA insbesondere zu Beginn des Rehabilitationsprozesses auch Durchführung und Abschluss der Maßnahmen zur beruflichen Teilhabe und die Erfolge bei der Integration in Arbeit in den Blick genommen. Weiterhin spielen die Orientierung an individuellen Teilhabezielen sowie die Anforderungen der Wirtschaft und Aspekte der Praktikabilität eine wichtige Rolle.
Die Ergebnisse der Diskussion wurden anschließend im Plenum präsentiert. Die Gesamtmoderation der Veranstaltung hatten Dr. K. Robinson (BAG BBW) und Prof. M. Morfeld (Hochschule Magdeburg-Stendal) übernommen. Das Schlusswort wurde ergänzt von Barbara Vieweg (Weibernetz e.V.), Mitglied im Sprecherrat des Deutschen Behindertenrats und stellvertretende Vorsitzende des BAR-Sachverständigenrats der Behindertenverbände, die abschließend noch einmal die Perspektive der betroffenen Menschen mit Behinderung betonte.
Die Ergebnisse der Fachtagung werden nun in die weiteren Projektaktivitäten einfließen. Insbesondere mit Blick auf die unterschiedlichen Akteursgruppen und die noch ausstehende „SOLL-Analyse“ lässt sich hier mit einem Zitat aus den Impulsvorträgen der Auftaktveranstaltung für die nächsten Monate vorhersagen: „Es bleibt spannend!“