Die stufenweise Wiedereingliederung
Ein gutes Instrument, Menschen an ihren Arbeitsplatz zurückzuführen
Jahr für Jahr scheiden tausende Beschäftigte aufgrund von Erwerbsunfähigkeit vorzeitig aus dem Erwerbsleben aus – dabei könnte eine stufenweise Wiedereingliederung in vielen Fällen helfen, das zu verhindern und Menschen nach länger andauernder, schwerer Krankheit schonend wieder in den Beruf zu integrieren.
Über Tausende von Jahren war tägliche Arbeit eine zwingende Notwendigkeit zur direkten Sicherung des Überlebens und Erhalt einer Gemeinschaft. Mit zunehmender Spezialisierung und Arbeitsteilung stieg der Anteil der sozialen Komponente, sowohl im Sinne der Kommunikation innerhalb einer Gruppe Gleichgesinnter, als auch der Anerkennung des Arbeitenden. Beides stellt eine hohe intrinsische Motivation abseits der Vergütung dar und trägt wesentlich zur psychischen Gesundheit Beschäftigter bei, wie mehrere Studien bestätigen. Im Falle eines gesundheitlich bedingten Ausfalls kann ein frühzeitiger, der Belastbarkeit angemessener Wiedereinstieg in das Arbeitsumfeld in vielen Fällen einen positiven Effekt auf die Genesung haben.
Eine stufenweise Wiedereingliederung soll es arbeitsunfähigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ermöglichen, nach langer andauernder, schwerer Krankheit schrittweise die volle Arbeitsbelastung an ihrem bisherigen Arbeitsplatz zu erreichen. Arbeitszeit und Arbeitsbelastung werden dabei auf der Grundlage eines ärztlich überwachten Wiedereingliederungsplans individuell angepasst und gesteigert. Die stufenweise Wiedereingliederung kommt in Betracht bei arbeitsunfähigen Arbeitnehmerinnen und -nehmern, die wegen schwerer Krankheit über längere Zeit nicht am Erwerbsleben teilhaben konnten und ihre bisherige Tätigkeit teilweise wieder verrichten können. Das Alter spielt dabei keine Rolle. Entscheidend ist, dass der Betroffene ausreichend belastbar ist und vom behandelnden Arzt eine günstige Prognose für eine berufliche Wiedereingliederung festgestellt wird.
Der Prozess kann von allen Beteiligten angestoßen werden – z.B. durch den Arbeitgeber im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements. Häufig wird die Maßnahme im unmittelbaren Anschluss
an eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation der Rentenversicherung erbracht. In vielen Fällen geht die Initiative vom behandelnden niedergelassenen Arzt, von der Krankenkasse oder vom Versicherten selbst aus. Aber unabhängig davon, wer die stufenweise Wiedereingliederung anregt und wer als Rehabilitationsträger zuständig ist, die Krankenkasse steht ihren Versicherten während des gesamten Wiedereingliederungsprozesses begleitend zur Seite. Sie ist eine der zentralen Anlaufstellen für alle Beteiligten und übernimmt wichtige Aufgaben bei der Beratung, Organisation und Koordination.
Die Teilnahme an einer stufenweisen Wiedereingliederung ist freiwillig und bedarf sowohl der Zustimmung des Betroffenen, als auch der des Arbeitgebers. Während des gesamten Wiedereingliederungsprozesses, der oft zwischen 6 Wochen und 6 Monaten dauern kann, ist der Betroffene arbeitsunfähig und bekommt als Versicherter Krankengeld von seiner Krankenkasse bzw. Übergangsgeld bei Zuständigkeit der Rentenversicherung. Da die Maßnahme freiwillig ist, hat auch eine Ablehnung oder ein Abbruch keine finanziellen Nachteile für ihn, da die Krankenkasse in diesem Fall weiter Krankengeld nach den gesetzlichen Vorschriften zahlt. Der Arbeitgeber kann während der Maßnahme ein Arbeitsentgelt zahlen, muss es aber nicht.
Eine stufenweise Wiedereingliederung ist nicht statisch, sie setzt – wie die medizinische Rehabilitation auch – individuell bei den vorhandenen qualitativen und quantitativen Fähigkeiten des Betroffenen an und wird im Verlauf an den Stand der wiedererreichten körperlichen, geistigen und seelischen Leistungsfähigkeit angepasst. Da liegt es auf der Hand, dass für diese personenzentrierte Maßnahme die enge Zusammenarbeit von Betroffenem, Arbeitgeber, Betriebsarzt, behandelndem Arzt, Krankenkasse, MDK und ggf. Rentenversicherungsträger von Anfang an erforderlich ist und ein Stück weit Voraussetzung für den Erfolg der Maßnahme. Auch in den Fällen, in denen mit der Wiedereingliederung die volle Leistungsfähigkeit bezogen auf die vertraglich vorgesehenen Tätigkeiten nicht erreicht werden, ist die weitere enge Abstimmung zwischen den Beteiligten wichtig, um prüfen zu können, ob weitergehende medizinische Rehabilitationsleistungen, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder auch ein Rentenbezug in Betracht kommen.
Es bleibt festzuhalten, dass die stufenweise Wiedereingliederung ein wichtiges Instrument zur Wiederherstellung der vollen Erwerbsfähigkeit ist, welches in der Praxis noch häufiger genutzt werden sollte. Sie kann wesentlich zum Erhalt der wichtigen Ressource „Fachkräfte in Betrieben“ beitragen. Dieser Erhalt wird zunehmend wichtiger für die Unternehmen und zwar nicht erst seit der Einführung der Rente mit 67. Die Belegschaften werden aufgrund des demographischen Wandels insgesamt älter, Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bis zum erreichen der Regelaltersgrenze gesund im Unternehmen arbeiten können. Die Betriebskrankenkassen haben das bereits vor langer Zeit erkannt und nehmen durch ihre Unternehmensnähe insbesondere in den Bereichen der Gesundheitsförderung und des Gesundheitsmanagements eine Vorbildfunktion ein. Aus demselben Grund sind sie aber auch in den Bereichen Rehabilitation und Wiedereingliederung starke und verlässliche Partner ihrer Versicherten und der Trägerunternehmen.