Passende Leistungen im richtigen Moment

Ein Beispiel aus der Praxis - Berufliche Neuorientierung in der gesetzlichen Unfallversicherung

Klaus R.*) war mit Leib und Seele Schlosser. Am 6. Juni 2014 zersägte er eine vermeintlich leere Gaskartusche. Dabei kam es zu einer Explosion, die das Leben von Herrn R. nachhaltig verändern sollte. Die Explosion war so stark, dass es unmittelbar zu einer rechtsseitigen Amputation des Oberschenkels, einer Fraktur der Lendenwirbelsäule, einem doppelten Bruch des Hüftgelenkes
sowie inneren Verletzungen an Milz und Leber kam. Herr R. überlebte die Explosion. Allerdings ist er  nun dauerhaft auf einen Rollstuhl angewiesen. Schon in der Akutklinik setzte die Begleitung durch das Reha- Management der Unfallversicherung Bund und Bahn (UVB) ein. Nach mehreren komplexen stationären Rehabilitationsmaßnahmen erschien eine Rückkehr ins Erwerbsleben möglich.

Komplexe stationäre Rehabilitation (KSR)
Bei der KSR handelt es sich um eine Sonderform der stationären Behandlung in den BG-Kliniken der gesetzlichen Unfallversicherung. Eine KSR ist bei besonders schwerwiegenden Verletzungen mit sehr hohem Therapiebedarf, die insbesondere die Arbeitsfähigkeit in der bisherigen Tätigkeit einschränken „state of the art“ in der Rehabilitation der gesetzlichen Unfallversicherungsträger. Dazu gehören diagnostische, therapeutische und psychologische Maßnahmen.

Die komplexen Verletzungen und Einschränkungen schlossen allerdings eine körperlich stark beanspruchende Tätigkeit aus. Eine Wiedereingliederung als Schlosser kam nicht in Frage. Trotzdem  wollte Herr R. möglichst bald wieder einer geregelten Arbeit nachgehen, und auch der Arbeitgeber wollte ihn gerne im Betrieb halten. Um eine dauerhafte berufliche Eingliederung zu erreichen, mussten aus Sicht der UVB erst persönliche und strukturelle Voraussetzungen geschaffen werden. Zunächst galt es, die Wohnsituation von Herrn R. anzupassen. Dazu existieren verschiedenste Fördermöglichkeiten, zum Beispiel die Übernahme von behinderungsbedingten Aufwendungen, in  diesem Fall unter anderem um die Kostenübernahme für den Einbau von behinderungsbedingten  Vorrichtungen wie breitere Türrahmen, einen Rollstuhllift oder den monetären Ausgleich für einen  höheren Bedarf an Wohnfläche.

Wohnungshilfe in der Unfallversicherung
Wohnungshilfe wird geleistet, wenn infolge Art oder Schwere des Gesundheitsschadens nicht nur für eine vorübergehende Zeit behindertengerechter Wohnraum erforderlich ist. Zu den Leistungen zählen u. a. bauliche Veränderungen des Wohnraumes (z. B. Badumbau, Einbau eines Treppenlifts oder von Rollstuhlrampen) sowie Zuschüsse zum Bau oder Erwerb einer Immobilie.

Im Betrieb war für Herrn R. nun ein Büroarbeitsplatz vorgesehen. Sein neuer Job sollte die Abrechnung  von Reisekosten und andere Verwaltungsdienstleistungen umfassen. Mit Blick auf die körperlichen  Einschränkungen von Herrn R., musste der Arbeitsplatz umgerüstet werden (barrierefreie Toiletten,  Einbau eines Fahrstuhls etc.). Daneben war eine Weiterbildung erforderlich, damit Herr R. seine  Tätigkeit auch fachlich ausüben konnte.

Technische Arbeitshilfen / Arbeitsplatzumrüstung
Technische Arbeitshilfen sollen Funktionseinschränkungen ausgleichen. So können für die behinderungsgerechte Gestaltung von Arbeitsplätzen und der Arbeitsumgebung technische Arbeitshilfen finanziert werden, die wegen Art und Schwere der Behinderung zur Berufsausübung erforderlich sind oder diese befördern.

Weiterbildung
In Weiterbildungen werden spezifische oder übergreifende Inhalte bzw. Anforderungen aufgegriffen und vermittelt, um kurzfristig eine Reintegration ins Erwerbsleben zu ermöglichen. Im Unterschied zu den meisten Umschulungen zielen sie in erster Linie nicht auf eine Ausbildung oder ein Zertifikate ab.

Im Rahmen der Teilhabeplanung war für den Reha-Berater zuletzt die Frage zu klären, wie Herr R. seinen neuen Arbeitsplatz am besten erreichen könne. Nach einer Beratung und Abklärung der  Realisierbarkeit durch den Unfallversicherungsträger entschied sich Herr R. für die Anschaffung eines neuen PKW, der entsprechend umgerüstet werden musste (Einbau eines Rollstuhl-Verladesystems, Umrüstung des Gaspedals auf die linke Seite).

Kraftfahrzeughilfe als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben
Kraftfahrzeughilfe wird erbracht, wenn der Betroffene aufgrund Art oder Schwere der Behinderung nicht nur vorübergehend auf die Benutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen ist, um seinen Arbeits- oder Ausbildungsplatz oder den Ort einer sonstigen Leistung der beruflichen Bildung zu erreichen. Bei der Kraftfahrzeug-Hilfe geht es im Einzelfall darum, die Folgen einer Behinderung auszugleichen und die Teilhabe des Betroffenen zu ermöglichen.

Etwa 2 Jahre nach dem Unfall konnte Herr R. seine neue Tätigkeit im alten Betrieb aufnehmen.

 *) angelehnt an einen wahren Sachverhalt.

Angelika Saueressig
Referatsleiterin Reha-Managemen
Unfallversicherung Bund und Bahn, Wilhelmshaven