Reha und Pflege

Pflege – Kaum ein Thema ist so präsent und wird genauso gerne wieder verdrängt. Dabei kennt fast jeder jemanden, der pflegebedürftig ist. Die Ursachen sind breit gestreut. Eine Demenz, die schleichend die geistige Präsenz eines Angehörigen auflöst. Das Alter oder eine schwere Erkrankung, die Menschen auf Dauer die Luft zum Leben nimmt und sie mehr oder weniger ihrer Selbstständigkeit beraubt. Meistens sind ältere Menschen betroffen, aber längst nicht immer. Ein Schlaganfall, Erbkrankheiten, Unfälle – Pflegebedürftigkeit kann jeden treffen und hat genauso viele Ursachen wie Gesichter.
Der Eintritt der Hilfebedürftigkeit stellt für den Pflegebedürftigen und insbesondere für seine Angehörigen bzw. seine Bezugspersonen oft den Beginn eines bergigen Marathons dar. Dabei sind verschiedene Hürden zu meistern – Fragen sind zu klären, Anträge zu stellen, und Termine zu vereinbaren. Es geht um die Suche nach Therapie- und Pflegemöglichkeiten, um Absprachen mit dem Partner und der Familie sowie die persönlichen Wünsche des Betroffenen. Das kostet Geld, aber vor allem Zeit, Kraft und Geduld. Hinzu kommt der Umgang mit einem Menschen, der nun anders „funktioniert“. Man muss sich neu aneinander gewöhnen und das oft mehrmals während der folgenden Pflegezeit.

Pflegebedürftigkeit in der Gesellschaft

Im Dezember 2017 waren in Deutschland etwa 3,4 Millionen Menschen pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes (SGB XI). Tendenz weiter steigend (vgl. Abbildung 1). Zuletzt hat es einen starken Anstieg der Pflegebedürftigen gegeben. Die Zunahme um mehr als eine halbe Million Pflegebedürftige (+19 %) ist allerdings zum großen Teil auf die Einführung des neuen, weiter gefassten Pflegebedürftigkeitsbetel davon mit Unterstützung eines Pflegedienstes (Abbildung 2). Insgesamt existieren mehr als 2,5 Millionen Pflegehaushalte in Deutschland. Gepflegt werden sie durch sog. Pflegepersonen. Eine Pflegeperson im Sinne des Rechts der Pflegeversicherung ist eine Person, die eine Pflegebedürftige oder einen Pflegebedürftigen nicht erwerbsmäßig in ihrer oder seiner häuslichen Umgebung pflegt. Wer eine oder mehrere pflegebedürftige Personen des Pflegegrades 2 bis 5 in ihrer häuslichen Umgebung nicht erwerbsmäßig für wenigstens zehn Stunden wöchentlich pflegt, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche, hat als Pflegeperson Ansprüche auf Leistungen zur sozialen Sicherung. Dazu zählen Ansprüche und Leistungen aus der Arbeitslosen-, Renten- und Unfallversicherung. Pflege zu Hause – Unterstützung durch die Sozialversicherung Im Mittelpunkt jeder Pflege steht der Pflegebedürftige mit seinen Belangen. Wie kommt er im Alltag zurecht? Können die räumlichen Gegebenheiten verbessert werden? Gibt es griffs ab dem 01.01.2017 zurückzuführen. Seitdem werden mehr Menschen als pflegebedürftig eingestuft, als vor der Umstellung (z. B. Demenzerkrankte).

Pflege im Großen – die Reform der Pflegeversicherung

Wichtigstes Instrument des Gesetzgebers ist die soziale Pflegeversicherung. In kaum einem anderen Zweig der Sozialversicherung hat es in den letzten Jahren so viele Veränderungen gegeben, wie in der Pflege. Mit den Pflegestärkungsgesetzen (PSG I–III) hat der Gesetzgeber in der letzten Legislatur die größte Reform seit Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1995 umgesetzt. Insgesamt wurde nach Auskunft des BMG die Unterstützung für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen seit 2013 um 12 Milliarden Euro und damit um mehr als 50 Prozent ausgeweitet. Vor allem die Pflege zu Hause wurde mit flexibleren Leistungen deutlich gestärkt. Das Pflegegeld und weitere Leistungen, wie z.B. für den Umbau einer Wohnung, wurden erhöht. Auch für pflegende Angehörige bedeutet die Reform eine spürbare Entlastung. Sie können leichter Angebote wie die Verhinderungspflege nutzen, haben einen eigenen Anspruch auf Pflegeberatung und sind sozial besser abgesichert.

Pflege im Privaten – die Versorgung von Pflegebedürftigen

Pflege zuhause – was bedeutet das? Angehörige lassen sich beurlauben oder kündigen ihren Job, Ehepartner ziehen auseinander, viele Menschen geben Einiges auf, um z. B. einen Elternteil zu pflegen. Verantwortung, Liebe oder familiäre Verpflichtung, die Gründe für die Übernahme von Pflege sind vielfältig. Überwiegend sind es Frauen, die in ihrem Beruf zunächst pausieren, um die aufwendige und kraftraubende Vollzeitpflege eines Elternteils, des Ehepartners oder eines ihrer Kinder zu übernehmen. Das geht oft bis zu den eigenen Belastungsgrenzen und nicht selten darüber hinaus.
Mehr als drei Viertel der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland werden zuhause durch Angehörige gepflegt. Etwa ein Drittel davon mit Unterstützung eines Pflegedienstes (Abbildung 2). Insgesamt existieren mehr als 2,5 Millionen Pflegehaushalte in Deutschland. Gepflegt werden sie durch sog. Pflegepersonen. Eine Pflegeperson im Sinnedes Rechts der Pflegeversicherung ist eine Person, die eine Pflegebedürftige oder einen Pflegebedürftigen nicht erwerbsmäßig in ihrer oder seiner häuslichen Umgebung pflegt. Wer eine oder mehrere pflegebedürftige Personen des Pflegegrades 2 bis 5 in ihrer häuslichen Umgebung nicht erwerbsmäßig für wenigstens zehn Stunden wöchentlich pflegt, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage in der Woche, hat als Pflegeperson Ansprüche auf Leistungen zur sozialen Sicherung. Dazu zählen Ansprüche und Leistungen aus der Arbeitslosen-, Renten- und Unfallversicherung.

Hintergrund: Pflegebedürftigkeit in Deutschland
Nach dem Sozialgesetzbuch XI (Soziale Pflegeversicherung) sind Pflegebedürftige Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate und mit mindestens einem der gesetzlich festgelegten Pflegegrade bestehen (§ 14 SGB XI). Die Pflegebedürftigkeit wird grundsätzlich durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) im Auftrag der Gesetzlichen Pflegeversicherung festgestellt*.

* Die Unfallversicherungsträger sind z. B. zuständig, wenn die Pflegebedürftigkeit aufgrund eines Arbeitsunfalls, eines Wegeunfalls oder einer Berufskrankheit eingetreten ist und erbringen dann Leistungen.

 

Pflege zu Hause – Unterstützung durch die Sozialversicherung

Im Mittelpunkt jeder Pflege steht der Pflegebedürftige mit seinen Belangen. Wie kommt er im Alltag zurecht? Können die räumlichen Gegebenheiten verbessert werden? Gibt es Hilfsmittel, die ihm das Leben erleichtern können? Gibt es geeignete Reha-Leistungen oder präventive Maßnahmen, die die Beeinträchtigungen vermindern oder reduzieren können? Viele Angebote können im Alltag unterstützend wirken: Pflegedienste, Tages- und/ oder Kurzzeitpflege, praxisnahe Hilfsmittel, wie Lifter, Pflegebett, Gleithilfen oder Antirutschmatratzen.
Die zuständige Pflegeversicherung kann bei Vorlage eines Pflegegrades die Verbesserung des Wohnumfelds finanziell unterstützen, z. B. beim Einbau einer bodengleichen Dusche, oder beim Umzug in eine barrierefreie, seniorengerechte Wohnung. Dazu ist ein Antrag bei der Pflegekasse zu stellen.
Wer als Pflegeperson einen nahestehenden Menschen in seiner häuslichen Umgebung pflegt, ist zudem beitragsfrei gesetzlich unfallversichert. Für  Pflegepersonen, die aus dem Beruf aussteigen, um sich um pflegebedürftige Angehörige zu kümmern, bezahlt die Pflegeversicherung seit dem 1. Januar 2017 die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für die gesamte Dauer der Pflegetätigkeit. Die Pflegepersonen haben damit Anspruch auf Arbeitslosengeld und Leistungen der aktiven Arbeitsförderung.

Pflege und Reha – Unterstützung für den Pflegebedürftigen

Der Grundsatz „Rehabilitation vor und bei Pflege“ ist seit Jahren in den Sozialgesetzbüchern fest verankert. Ziel des Prinzips „Reha vor Pflege“ ist es, den Pflegebedürftigen so lange wie möglich ein weitgehend selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, ihr Selbstwertgefühl zu stärken und die Lebensqualität zu steigern. Wichtigster Reha-Träger im Bereich sind die Krankenkassen. Anhaltspunkt für eine Reha-Leistung können sein (§ 11 GE Reha-Prozess), z. B.:

  • Das Vorliegen einer chronischen Erkrankung oder einer Multimorbidität bei Menschen jeden Alters
  • Wiederholte oder lang andauernde ambulante oder stationäre Behandlungen wegen derselben Erkrankung, insbesondere dann, wenn durch eine Erkrankung eine Behinderung droht
  • Eintritt oder Verschlimmerung einer Pflegebedürftigkeit

Leistungen zur medizinischen Rehabilitation müssen Versicherte bei ihrer Krankenkasse beantragen. Darüber hinaus benötigen sie in den meisten Fällen eine ärztliche Verordnung. Ist die Rehabilitation unmittelbar nach einem Krankenhausaufenthalt nötig (sog. Anschlussrehabilitation), verordnet der verantwortliche Arzt im Krankenhaus die Leistung. Reha-Leistungen innerhalb der alltäglichen Versorgung verordnet dagegen der Hausarzt. Auch die Pflegegutachten können eine Reha-Empfehlung beinhalten.

Pflege und Reha – Entlastung von pflegenden Angehörigen

Häusliche Pflege bedeutet Einsatz rund um die Uhr. Wer das leistet, braucht Phasen der Erholung und Auszeiten – jedem Tag und ab und zu auch etwas mehr. Beispielsweise Urlaub oder eine Reha, um die eigenen Reserven wieder aufzutanken. Dazu hat der Gesetzgeber verschiedene Leistungen geschaffen: Mit dem Inkrafttreten des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes haben pflegende Angehörige einen Rechtsanspruch auf eine Reha-Leistung. Die Reha-Leistung ist bei der zuständigen Krankenkasse zu stellen.
Angehörige, die zu Hause pflegen, können diese Angebote zur Vorsorge oder Rehabilitation allein in Anspruch nehmen, z. B. um Abstand zu gewinnen und eine neue Perspektive einzunehmen oder einen professionellen Umgang mit der möglichen Wesensänderung des Pflegebedürftigen zu finden. In dieser Zeit kann der Pflegebedürftige beispielsweise in einer zugelassenen Kurzzeitpflegeeinrichtung versorgt werden. Daneben hat der pflegende Angehörige bei einer eigenen Reha-Leistung aber auch die Möglichkeit, die pflegebedürftige Person mitzunehmen. Oft sind Angehörige erst dann dazu bereit, solche Angebote anzunehmen, wenn die pflegebedürftige Person in der Nähe sein kann. Für die Versorgung der beziehungsweise des Pflegebedürftigen in dieser Zeit kann dabei der Anspruch auf Kurzzeitpflege auch in stationären Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen in Anspruch genommen werden, die keine Zulassung zur pflegerischen Versorgung nach dem SGB XI haben.

Beratungsangebote für pflegende Angehörige
  • Pflegestützpunkte der Verbraucherzentralen, der Pflegekassen, der Wohlfahrtsverbände oder anderer Einrichtungen.
  • Kostenlose Pflegekurse der Pflegekassen oder der Pflegedienste.
  • Seminare zum Austausch mit anderen pflegenden Angehörigen zum Austausch von Erfahrungen, Problemen und neuen Handlungsimpulsen, vgl. Reha-Info 2/2018.