50 Jahre BAR e. V.: Teilhabe braucht Rehabilitation
Am 19. Juni 2019 feierte die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR e.V.) ihr 50-jähriges Bestehen mit einem festlichen Akt in der Evangelischen Akademie in Frankfurt am Main. Die Veranstaltung wurde von TV-Moderatorin und Medizinjournalistin Vera Cordes moderiert.
Der Vorstandsvorsitzende der BAR Markus Hofmann begrüßte die 150 geladenen Gästen aus Verbänden, Wirtschaft und Politik und erinnerte in seinem Rückblick an das Hauptziel der BAR seit ihrer Gründung: die Koordinierung und die Kooperation der Rehabilitationsträger. „Die Anforderungen anden Bedarf von Rehabilitation steigen. Sie alle wissen, wie schwierig die Gestaltung der Rehabilitation im Gesamtsystem der sozialen Sicherung sein kann. Das kann keiner der acht Reha-Träger allein schaffen“, so Hofmann dazu. Der Auftrag der BAR sei durch das Bundesteilhabegesetz mehr denn je gestärkt worden, führte Hofmann weiter aus. „Die Veränderungen durch die neue Beratungslandschaft und die neuen Vorschriften machen Druck auf das System. Um den Wandel zu stemmen, müssen die Akteure aufeinander zugehen, sich vernetzen und über den Tellerrand schauen“.
In seinem Grußwort blickte Staatssekretär Dr. Rolf Schmachtenberg vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf 70 Jahre Grundgesetz und Föderalismus zurück und betonte die Initiative von Gewerkschaft und Arbeitgebern bei der Gründung der BAR vor 50 Jahren. „Die BAR ist ein gutes Beispiel dafür, dass das Modell der Sozialpartnerschaft in Deutschland eine ganz besondere Legitimation und daraus abgeleitete Gestaltungmacht besitzt.“ Dies zeige sich heute vor allem dann, wenn es um die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes gehe. Zur Stellung der BAR und mit Blick auf die neu eingeführte Berichtspflicht - den „Teilhabeverfahrensbericht“ - führte er aus: „Im gegliederten System der sozialen Sicherung gibt es keine andere Stelle in Deutschland, die sich in allen Einzelheiten der Reha-Antragsbearbeitung, der Leistungserbringung und der jeweiligen Binnenlogik sämtlicher Sozialbehörden auskennt“.
Auch der Frankfurter Stadtrat Stefan Majer betonte die Herausforderungen des Bundesteilhabegesetzes, sieht das System Rehabilitation und Teilhabe in Deutschland aber gewappnet. „Die Rehabilitation in Deutschland mit ihrer Sonderstellung in Europa zeigt validierte, hervorragende Ergebnisse. Die Herausforderungen des Bundesteilhabegesetzes müssen die BAR und auch die Stadt Frankfurt am Main nun angehen, um die Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen individueller, an der Person orientierter auszurichten und Teilhabe-Hemmnisse zu beseitigen.“ Prof. Dr. Heribert Prantl, Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung, verband in seiner Festrede „50 Jahre BAR: Eine Arbeitsgemeinschaft als Schicksalskorrektorat“ die Arbeit der BAR mit dem Grundgesetz. Er sieht die Bundesarbeitsgemeinschaft als ausführendes Organ des Artikels 1 Grundgesetz: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Prantl ging noch weiter auf die Gesetzgebung und zitierte Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 Grundgesetz: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Rehabilitation sei ein Instrument solcher Schicksalskorrektur, so Prantl. Und weiter: „Die Arbeit der Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilitation ist Arbeit im Auftrag und im Geist des Grundgesetzes.“ Die vollständige Festrede wird in einer Denkschrift der BAR zusammen mit weiteren Beiträgen zu Rehabilitation und Teilhabe Ende des Jahres veröffentlicht.
In einer anschließenden Expertenrunde diskutierten Vanessa Ahuja (Abteilungsleiterin im BMAS), der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung Jürgen Dusel, Dr. Volker Hansen und Eckehard Linnemann (alternierende Vorsitzende des Vorstands bzw. der Mitgliederversammlung der BAR), Matthias Berg (ehemaliger Spitzensportler und TV Moderator bei den Paralympics) sowie die Geschäftsführerin der BAR, Prof. Dr. Helga Seel, über anstehende Aufgaben in der Rehabilitation und Teilhabe. Frau Prof. Seel betonte, dass die BAR und ihre Mitglieder ihren Auftrag verstanden haben und die Herausforderungen der Zukunft anpacken: Digitalisierung, Barrierefreiheit, demografische Entwicklung, moderne Rehabilitationstechniken oder inklusive Modellvorhaben, um nur einige zu nennen. Für den Blick nach vorne wurden auch kontroverse Anregungen diskutiert. Für die Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung des Systems Rehabilitation und Teilhabe, so waren sich die Teilnehmenden der Diskussionsrunde einig, wird die Zusammenarbeit mehr denn je auch existentielle Bedeutung haben.
Frau Prof. Seel stellte das bei der BAR technisch entwickelte und erste bundesweite Ansprechstellenverzeichnis für Rehabilitation und Teilhabe vor, das auf der Jubiläumsfeier live geschaltet wurde. Ab sofort ist es online auf www.ansprechstellen.de zu erreichen. Alle Reha-Träger sollen Kontaktdaten ihrer Ansprechstellen eintragen, mehr als 900 Einträge wurden bereits im Vorfeld registriert. Die Ansprechstellen vermitteln barrierefreie Informationsangebote für LeisLeistungsberechtigte, Arbeitgeber und Rehabilitationsträger.
In seiner Rede zum Ausklang der Jubiläumsfeier betonte der Vorsitzende der BAR Mitgliederversammlung Dr. Stefan Hoehl, wie wichtig es für die trägerübergreifende Zusammenarbeit sei, dass alle weiter und kontinuierlich miteinander im Gespräch bleiben: „Die Reha-Träger untereinander, Reha-Fachkräfte mit Menschen mit Behinderungen, Leistungserbringer mit Leistungsträgern und vor allem die BAR mit allen.“ Reha-Träger müssten an den Schnittstellen zu anderen Leistungsträgern Verbesserungspotenziale herausarbeiten: „Wir schaffen es nur gemeinsam: Zusammenarbeit ist entscheidender denn je.“
Eine Fotogalerie zur Jubiläumsfeier gibt es
auf www.bar50.de.