Die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes – Fokus Eingliederungshilfe

Hintergrund: Das „Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen“, besser bekannt als Bundesteilhabegesetz (BTHG) wurde 2016 verabschiedet. Fast zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes wird bei verschiedenen Anlässen und von unterschiedlichen Stellen Bilanz gezogen. Im Zentrum stehen folgende Fragen: Wie werden die Vorschriften umgesetzt? Ist die Neuausrichtung ein Erfolg? Kommt die Zielsetzung bei den Menschen mit Beeinträchtigung an?
Für die Träger der Eingliederungshilfe wird das Jahr 2020 besonders herausfordernd. Dann nämlich gilt es die dritte Reformstufe umzusetzen und die Trennung von Fachleistungsstunden und existenzsichernden Leistungen zu vollziehen. Darüber hinaus wurde ein einheitliches Gesamtplanverfahren für jedes Bundesland vorgeschrieben.

„An einer guten Umsetzung des BTHG wird intensiv gearbeitet“

Kurzinterview mit Dr. Sandro Blanke, Referatsleiter „Eingliederungshilfe“ im BMAS

Nur noch wenige Wochen, dann tritt zum 1. Januar 2020 mit der dritten Stufe des BTHG die reformierte Eingliederungshilfe in Kraft. Wo stehen wir bei der Umsetzung dieser großen Sozialreform aus Sicht des BMAS?
 

Durch das BTHG können Menschen mit Behinderungen in Zukunft viel stärker selbst darüber bestimmen, wie sie ihr Leben gestalten wollen und somit auch aktiver am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Unabhängig davon, wo und wie sie wohnen möchten, werden die Leistungen gemeinsam mit den Betroffenen bestimmt – ausgerichtet auf ihre individuellen Bedarfe. Die Eingliederungshilfe vollzieht damit einen Wandel, der für alle Beteiligten eine große Kraftanstrengung bedeutet: für die Leistungsberechtigten und ihre Betreuerinnen und Betreuer, die sich mit neuen Verträgen und geänderten Verwaltungsabläufen vertraut machen müssen. Aber natürlich auch für die Leistungserbringer, die Träger und die Länder, die neue Strukturen schaffen müssen, um den Anforderungen des BTHG gerecht zu werden. Hier werden viele Fragen an uns herangetragen, das sind zum einen Verständnisfragen, aber auch konkrete praktische Umsetzungsfragen. Vieles konnten wir bereits klären, zum Beispiel im Rahmen der „AG Personenzentrierung“ und auch darauf aufbauend durch die Projekte der modellhaften Erprobung, die wir im Rahmen der BTHG-Umsetzungsbegleitung fördern. Die so gewonnenen Erkenntnisse sind auch in das „SGB IX / SGB XII – Änderungsgesetz“ eingeflossen und sollen zum kommenden Jahr in Kraft treten. Also: An einer guten Umsetzung des BTHG wird intensiv gearbeitet. Und ich bin zuversichtlich, dass sie auch gelingen wird.

Wie unterstützt das BMAS die Beteiligten bei dieser großen Reform?

Die Umsetzung der neuen Regelungen in der Eingliederungshilfe liegt im Zuständigkeitsbereich der Länder. Dennoch stehen wir da, wo es uns möglich ist, unterstützend zur Seite. Wir tauschen uns regelmäßig mit allen Beteiligten in Fachgesprächen und Arbeitsgruppen aus. Zudem haben wir ein umfassendes Programm aufgelegt, das zum einen alle Akteure bei der Umsetzung unterstützt, aber auch die Reform auf ihre Wirkung und ihre Praxistauglichkeit hin untersucht. An dieser Stelle weise ich gerne auf die Website des Projektes „Umsetzungsbegleitung BTHG“ hin (www.umsetzungsbegleitungbthg.de), die einen ausführlichen Überblick zum Stand der Umsetzung gibt. Erwähnen möchte ich auch die modellhafte Erprobung, bei der uns insbesondere die Träger sehr unterstützen. In bundesweiten Projekten werden hier die wesentlichen Neuerungen der Eingliederungshilfe in der Praxis erprobt – und zwar, noch bevor sie überhaupt in Kraft getreten sind. So können wir mögliche Fallstricke bereits frühzeitig erkennen und entsprechend reagieren.

Welche Veränderungen bringt das BTHG für die Eingliederungshilfe in Bezug auf die Zusammenarbeit mit den weiteren Reha-Trägern?

Für die Eingliederungshilfe gelten - wie auch bislang schon der Fall – die Vorschriften des SGB IX, Teil I. Die dort durch das BTHG vorgenommenen Änderungen betreffen damit auch die Eingliederungshilfe, etwa mit Bezug auf die neuen Regelungen zur Zuständigkeitsklärung und zur Teilhabeplanung, zu den Ansprechstellen und zum Teilhabeverfahrensbericht. In der besseren Koordinierung der Leistungen und Kooperation der Reha-Träger untereinander liegt auch eine große Chance für die Eingliederungshilfe. Wenn die vorrangig zuständigen Träger effektiver und besser Reha und Teilhabe für die betroffenen Menschen organisieren, entlastet das das nachrangig zuständige System. Hierauf zielt auch das Bundesprogramm „rehapro“, bei dem innovative Wege zur Teilhabe am Arbeitsleben erprobt werden. Damit stärken die in dem Rahmen geförderten Projekte die Rehabilitation und können auch dazu beitragen, dass zukünftig weniger Menschen die Leistungen der Eingliederungshilfe in Anspruch nehmen müssen.