Prozessuale Anforderungen
Den Umgang mit dem Instrument im Ablauf und Verfahren sowie der Durchführung der Bedarfsermittlung betreffend.
Operationalisierung:
- Partizipativ – Unter Beteiligung der Leistungsberechtigten. Unter Einbeziehung der Wünsche, Interessen und Ziele der Betroffenen. Unter Berücksichtigung der Sicht der Betroffenen.
Indikatoren: Der Leistungsberechtigte wird von Beginn der Bedarfsermittlung aufgeklärt. Die Vorstellungen, Wünsche und Ziele des Menschen mit Behinderungen werden aufgenommen und ermittelt. Es werden Teilhabeziele mit dem Menschen gemeinsam entwickelt. Die Bedarfsermittlung erfolgt dialogisch (im Gespräch miteinander); es können bei Bedarf mehrere Gespräche zur Bedarfsermittlung durchgeführt werden (offener Rahmen). Es wird nicht nur auf Fremddokumentationen (Akten) zurückgegriffen, sondern auch Selbstauskunft und Selbstrating eingeholt.
- Transparent– Alle im Zusammenhang mit der Teilhabeplanung relevanten Informationen präzise, leicht zugänglich und verständlich zur Verfügung stellend. Abläufe, Inhalte und Entscheidungsprozesse nachvollziehbar darlegend.
Indikatoren: Die Formulare (das Instrument) ist verfügbar und kann abgerufen werden. Es gibt hinterlegte Informationen zum Ablauf der Bedarfsermittlung (Info-Website, Flyer, Bögen zur Vorbereitung). Es werden Informationen in leichter Sprache zur Verfügung gestellt. Es werden barrierefreie Dokumente zur Verfügung gestellt.
- Konsensorientiert – Einvernehmlich mit den Betroffenen und abgestimmt mit anderen Trägern und mit anderen Berufsgruppen.
Indikatoren: Die Zustimmung des Menschen mit Behinderungen zur Leistung wird dokumentiert / die Leistungsentscheidung / der Teilhabeplan werden unterschrieben. Der Leistungsberechtigte hat Einfluss darauf, welche Angaben in welchem Grad für die Beantwortung der konkreten Fragestellung erforderlich sind.
- Interdisziplinär- Bedarfsermittlung bezieht mehrere unterschiedliche Fachrichtungen/-disziplinen (fachlich ausdifferenzierte Expertisen) ein; Bedarfsermittlung geht auch auf trägerfremde Leistungsbereiche ein.
Indikatoren: Es werden Informationen von verschiedenen Professionen eingeholt (z.B. Ärzte, Psychologen, Pädagogen, Verwaltungsfachkräfte). Es werden Leistungsgruppen anderer Reha-Träger berücksichtigt.
- Individualisiert– Bedarfsermittlung findet einzelfallbezogen und personzentriert statt.
Indikatoren: Die Bedarfsermittlung stellt auf die persönliche Teilhabesituation des jeweils betroffenen Menschen ab. Die Bewilligung der Teilhabeleistung ist eine Einzelfallentscheidung. Über notwendige Leistungen wird zusammen mit der betroffenen Person entschieden.
- ICF-Orientiert– Individuelle Bedarfsermittlung basiert auf einem Instrument, das sich an der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) orientiert. Damit ist eine einheitliche Kommunikation über die Auswirkungen von Gesundheitsproblemen unter Beachtung des gesamten Lebenshintergrunds eines Menschen zu ermöglichen. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung ist im Zusammenspiel mit Kontextfaktoren sowie mit den Interessen und Wünschen des betroffenen Menschen zu beurteilen und erfordert grundsätzlich eine Gesamtschau aller Ressourcen und Beeinträchtigungen/Barrieren bei der Beschreibung der aktuellen Situation und der angestrebten Situation.
Indikatoren: Es werden Informationen zu allen Komponenten des bio-psycho-sozialen Modells erhoben (Gesundheitsproblem, Funktionsfähigkeit, Aktivitäten/Partizipation, Teilhabe, Kontextfaktoren).
"Selbstbestimmung" und die "volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft" erreicht man nur, wenn die Leistungen zur Teilhabe vorhandene Beeinträchtigungen mindern oder im besten Fall ganz beseitigen. An dieser Stelle ist eine umfassende Bedarfsermittlung der Schlüssel im Prozess. Die Beeinträchtigungen eines Menschen mit Behinderungen sowie dessen Ziele müssen personzentriert ermittelt und daraus geeignete und zielführende Leistungen zur Teilhabe erarbeitet und bereitgestellt werden.
Ist der leistende Reha-Träger nach § 14 SGB IX festgelegt, beginnt die Bedarfsermittlung. Nach Teil 1 SGB IX, der nach § 7 Abs. 1 SGB IX für alle Reha-Träger gilt, stellt der Reha-Träger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistung. Im Leistungsgesetz der Eingliederungshilfe (Teil 2, SGB IX) ist das Vorgehen spezifischer geregelt. Dort ist die Bedarfsermittlung ein Baustein des Gesamtplanverfahrens (§ 117 SGB IX), welches immer durchgeführt wird, sobald Leistungen der Eingliederungshilfe in Betracht kommen. In § 118 SGB IX sind die Vorgaben der Instrumente zur Bedarfsermittlung in der Eingliederungshilfe differenzierter als in § 13 SGB IX geregelt. In diesem Trägerbereich haben sich die Instrumente an der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) zu orientieren und eine nicht nur vorübergehende Beeinträchtigung der Aktivität und Teilhabe in verschiedenen Lebensbereichen zu prüfen.
Die Auswahl des jeweils passenden Instrumentes erfolgt durch die jeweilige Landesregierung. Auch wenn sich die Instrumente in den verschiedenen Bundesländern zum Teil auf dieselben Grundlagen beziehen, sind in den einzelnen Bundesländern spezifische Adaptionen und Abwandlungen zu konstatieren. Durch die Erstellung von Steckbriefen der jeweiligen Instrumente, die über die Nennung des Instruments hinausgeht, wurde ein Abgleich und eine Darstellung verschiedener Kriterien und somit eine übergreifende Zusammenstellung der Instrumente ermöglicht.
Dargestellt ist hier, eine Übersicht der Bedarfsermittlungsinstrumente der Eingliederungshilfe nach der Reform des Bundesteilhabegesetzes. Zu den Kriterien gehören insb. die gesetzlichen Vorgaben der §§ 13 und 118 SGB IX inklusive der Zielstellung des SGB IX sowie inhaltliche, formale und wissenschaftliche Anforderungen.