Licht im System der Rehabilitation und Teilhabe:

Der Teilhabeverfahrensbericht – eine wertvolle Informationsgrundlage zur Steuerung

Der Teilhabeverfahrensbericht (THVB) 2022 macht das Leistungsgeschehen im Bereich Rehabilitation und Teilhabe anhand einheitlicher Kennzahlen nachvollziehbar. Die dargestellten Ergebnisse basieren auf den Daten von deutschlandweit mehr als 1.000 Rehabilitationsträgern.

Der vierte Teilhabeverfahrensbericht liefert umfangreiche Informationen zu Strukturen und Abläufen im Leistungsgeschehen. Erstmals sind Jahresvergleiche zu nahezu allen Themenbereichen enthalten. Die Betrachtungen im Zeitverlauf können dazu beitragen, beispielsweise pandemiebedingte Auswirkungen auf das Rehabilitationssystem und mögliche Einflüsse gesetzlicher Fortentwicklungen zu verstehen oder Steuerungsimpulse abzuleiten.

Ausgewählte Ergebnisse

Im Frühjahr 2022 haben 1.079 der insgesamt 1.268 registrierten Rehabilitationsträger, trotz schwieriger Rahmenbedingungen in diesem zweiten Pandemiejahr, ihre Daten an die BAR übermittelt. Dabei ist die Meldequote mit 85 Prozent im Vergleich zum Vorjahr konstant geblieben. Die 189 Träger, die ihrer gesetzlichen Berichtspflicht nicht nachgekommen sind, wurden von der BAR mittels eines Fragebogens systematisch zu den Gründen für ihre Nicht-Meldung befragt. Die Ergebnisse der Befragung können dem aktuellen THVB entnommen werden. Nähere Informationen zum Hintergrund, zur Zielsetzung und Methodik des THVB sind in Kapitel 1 und 2 des Berichts zu finden.

Anzahl gestellter Anträge
In 2021 wurden insgesamt 2,8 Millionen Anträge auf Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe bei den entsprechenden Rehabilitationsträgern in Deutschland gestellt. Nachdem im ersten Pandemiejahr 2020 knapp 15 Prozent weniger Anträge gestellt wurden, bleibt die Anzahl der Anträge in 2021 im Vergleich zum Vorjahr nahezu unverändert.

Bei der Betrachtung der einzelnen Trägerbereiche wird jedoch deutlich, dass sich die Antragszahlen von 2020 auf 2021 unterschiedlich entwickelt haben. Spürbar mehr Anträge als im Vorjahr gingen beispielsweise bei den Trägern der Eingliederungshilfe (EGH) mit plus 9,9 Prozent, den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe (JH) mit plus 11,3 Prozent sowie den Trägern der Gesetzlichen Unfallversicherung (UV) mit plus 15,1 Prozent ein. Leicht rückläufige Antragszahlen zeigen sich bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) mit minus 1,7 Prozent und bei der Deutschen Rentenversicherung (RV) mit minus 1,4 Prozent.

Bearbeitungsdauern und Entscheidungsarten
Die Zeit vom Eingang eines Antrags auf Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe beim leistenden Rehabilitationsträger bis zur Entscheidung betrug in 2021 über alle Trägerbereiche hinweg durchschnittlich 22,1 Tage – unabhängig davon, wie über den Antrag entschieden wurde. Beim Blick in die einzelnen Trägerbereiche zeigen sich jedoch deutliche Unterschiede. Beispielsweise dauerte es bei der BA und im Trägerbereich der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) im Durchschnitt knapp zwei Wochen, bis über einen Antrag entschieden wurde. Durchschnittlich 73,0 Tage wartete eine antragstellende Person hingegen bei der EGH und 117,6 Tage bei der JH, bis eine Entscheidung vorlag. Auch innerhalb der einzelnen Trägerbereiche benötigten die Träger unterschiedlich lange, um über einen Antrag zu entscheiden.

Wird die Entscheidungsart eines Antrags berücksichtigt, zeigt sich, dass Erledigungen eine längere durchschnittliche Bearbeitungsdauer aufweisen als Bewilligungen. Über alle Trägerbereiche hinweg vergingen im Durchschnitt 20,0 Tage, bis die beantragten Leistungen teilweise oder vollständig bewilligt wurden. Antragstellende warteten hingegen durchschnittlich rund 13 Tage länger, wenn Leistungen vollständig abgelehnt oder auf sonstige Art erledigt wurden.

Aus dem vierten THVB ist auch ersichtlich, wie sich die Bearbeitungsdauer von 2020 zu 2021 entwickelt hat. Bei Bewilligungen hat sie sich in der Gesamtschau über alle Trägerbereiche hinweg nur unmerklich gegenüber dem Vorjahr verändert. Hier lohnt sich ein vertiefender Blick. Während es in einigen Trägerbereichen in 2021 länger dauerte, bis ein Antrag bewilligt wurde, verzeichnen andere Trägerbereiche hier teilweise deutlich kürzere Bearbeitungsdauern als im Vorjahr (vgl. Abb. 1).

Insgesamt wurden in 2021 rund 2,6 Millionen Anträge auf Reha- und Teilhabeleistungen entschieden. Über alle Trägerbereiche hinweg wurden rund 83 Prozent aller entschiedenen Anträge vollständig oder teilweise bewilligt. Vollständige Ablehnungen und sonstige Erledigungen kamen deutlich seltener vor.

Widersprüche
Antragstellende haben die Möglichkeit, rechtlich gegen die Leistungsentscheidung eines Trägers vorzugehen. Für den THVB werden Rechtsbehelfe in Form von Widersprüchen und Klagen erfasst. In 2021 wurden in allen Trägerbereichen insgesamt knapp 116.000 Widersprüche entschieden. Der Jahresvergleich zeigt, dass über alle Trägerbereiche hinweg rund 32 Prozent weniger Widersprüche entschieden wurden als im Vorjahr. Insgesamt fiel gut die Hälfte dieser Entscheidungen zugunsten des Leistungsberechtigten aus (vgl. Abb. 2). Die weiteren im THVB aufgeführten Auswertungen zeigen ein detaillierteres Bild. Während in einigen Trägerbereichen rund ein Drittel der Widersprüche erfolgreich aus Sicht des Leistungsberechtigen entschieden wurde, fällt dieser Anteil mit bis zu knapp 80 Prozent bei einzelnen Trägern deutlich größer aus.

Erhöhte Aussagekraft

Die hier vorgestellten und weitere Ergebnisse finden sich in Kapitel 3 des THVB 2022. Ein Blick in die Tabellen und Abbildungen des fast 300-seitigen Berichts lohnt sich. Die Datenauswertungen spiegeln das komplexe Geschehen im gegliederten Rehabilitationssystem wider. Dabei werden die Abläufe vom Antragseingang bis zur Wirkung nach dem Ende einer Maßnahme für das Berichtsjahr 2021 beleuchtet. Ausgewählte Ergebnisse zeigen die Entwicklungen im Jahresvergleich. Aufschlussreich ist neben Darstellungen zum trägerübergreifenden Gesamtgeschehen immer auch die Betrachtung der einzelnen Trägerbereiche oder Träger. Erleichtert werden soll das Verständnis der Ergebnisse durch Erläuterungen, welche die Träger jedes Jahr zum Bericht beisteuern.

Mit jedem weiteren veröffentlichten THVB steigt die Transparenz im Rehabilitationssystem. Handelnden Akteuren wird es auf der Grundlage der Kennzahlen ermöglicht, wichtigen Fragestellungen nachzugehen und gegebenenfalls Veränderungsprozesse anzustoßen.

Der Teilhabeverfahrensbericht 2022 steht ab sofort auf der BAR-Website www.bar-frankfurt.de >Themen > Teilhabeverfahrensbericht zum Download zur Verfügung. Die barrierefreie Fassung sowie eine gedruckte Broschüre können demnächst ebenfalls über die Internetseite der BAR bezogen werden.