Fallmanagement beim Landschaftsverband Rheinland
Aktueller denn je
Beim Landschaftsverband Rheinland (LVR) wurde das Fallmanagement 2005 eingeführt, nachdem 2003 den beiden Landschaftsverbänden in Nordrhein-Westfalen durch die damalige Landesregierung die Zuständigkeit für alle Wohnhilfen im Rahmen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung übertragen wurde.
Fallmanagerin/Fallmanager ist keine geschützte Berufsbezeichnung, sondern eine Methode sozialer Arbeit, in der, kurz umrissen, institutionelle Systeme für Leistungsberechtigte erschlossen und mit ihnen und ihrer individuellen Ausstattung nutzbringend zusammengeführt werden. In diesem Verständnis als Methode wird Fallmanagement folglich in unterschiedlichen Kontexten unterschiedlich ausgestaltet. Dies wird bisweilen kritisch gesehen, ist dem genannten Verständnis des Fallmanagements allerdings immanent.
So, wie die damalige Einführung des Fallmanagements im Rheinland keine isolierte Maßnahme war (flankierend Aufbau eines Beratungsnetzwerkes mit den Koordinierungs-, Kontakt- und Beratungsstellen (KoKoBe) und Sozialpsychiatrischen Zentren (SPZ), Einführung von Hilfeplankonferenzen, Aufbau des Medizinisch Psychosozialen Fachdienstes, Einführung von Regionalkonferenzen, …), ist das Fallmanagement des LVR heute nach Inkrafttreten der einzelnen Stufen des Bundesteilhabegesetzes als steuernder Dreh- und Angelpunkt eines komplexen Beratungs- und Unterstützungsgeschehens zu verstehen.
Gerade nach Überführung der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung in das SGB IX sind die grundlegenden Prozessschritte des Fallmanagements, die Wendt 1999 mit Einschätzen, Planen, Koordinieren, Überwachen und Evaluieren von Optionen und Dienstleistungen beschrieben hat, für Leistungen zur Teilhabe aktueller denn je.
Seit Einführung des LVR-Fallmanagements bestand dessen Hauptaufgabe in der Bedarfsfeststellung, Festlegung der geeigneten Unterstützung, Erschließung weiterer Hilfen und schließlich Überprüfung der Wirkung der gewährten Unterstützungsleistung.
Komplexes Fallmanagement
Betrachtet man die Prozessschritte, die der Gesetzgeber mit Inkrafttreten der einzelnen Stufen des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) gesetzlich verankert hat, kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, dass für das LVR-Fallmanagement vieles im BTHG so neu nicht war. Sei es die umfassende Bedarfsermittlung mit einem standardisierten Instrument, die ICF-Orientierung, die Personenzentrierung, die Steuerung des Teilhabeprozesses einschließlich der Kontrolle der Wirkung oder die Durchführung von Konferenzen zur Beratung des Einzelfalles.
Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das LVR-Fallmanagement eine komplexe und vielschichtige Aufgabe wahrnimmt, die umfassendes Wissen und Methodenkompetenzen in verschiedensten Bereichen erfordert. Beispielhaft seien hier umfassende Rechtskenntnisse im Sozial- und Verwaltungsrecht, Gesprächsführungskompetenzen, Moderationstechniken, Kenntnisse über Behinderungen und deren Auswirkungen im Alltag, Wissen über Rehabilitationsprozesse und die dazugehörigen Leistungen und Kenntnisse über den Sozialraum, in dem Leistungsberechtigte leben, genannt.
Diese Vielschichtigkeit macht die Tätigkeit im Fallmanagement einerseits sehr anspruchsvoll, andererseits sorgt sie auch dafür, dass Eintönigkeit dieser Aufgabe eher fremd ist, was sie für Beschäftigte, die gerne an individuellen und kreativen Lösungen arbeiten, sehr interessant macht.
In Zeiten des Fachkräftemangels, der an keiner Organisation spurlos vorübergeht, reicht eine interessante Aufgabe und eine attraktive Bezahlung aber schon lange nicht mehr, um ausreichend und ausreichend qualifizierte Beschäftigte zu finden.
Mobiles Arbeiten, das Arbeiten an allen geeigneten Orten in Deutschland ermöglicht, gehört heute ebenso zu attraktiven Arbeitsbedingungen, wie auch eine weitgehend freie Einteilung der wöchentlichen Arbeitszeit oder das Arbeiten in Teams. Immer häufiger wird in Bewerbungsgesprächen aktiv nach solchen Regelungen gefragt.
Literatur: Wendt, W. R.: (1999): Case Management im Sozial- und Gesundheitswesen – Eine Einführung. 2. Auflage Lambertus, Freiburg |