Interview zur Internationalen Zusammenarbeit mit Herrn Dr. Joachim Breuer, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV)
Welche Bedeutung hat die internationale Zusammenarbeit im Kontext von Rehabilitation und Teilhabe und insbesondere für die DGUV?
„Rehabilitation ist eine globale Herausforderung. Die UN-Erklärung über die Rechte der Menschen mit Behinderung macht noch einmal ganz deutlich, dass das Recht auf Teilhabe ein nicht verhandelbares Menschenrecht ist. Abgesehen davon müssen wir immer wieder darauf hinweisen, dass jede Gesellschaft von einer guten Rehabilitation profitiert: Menschen können sich nach einer erfolgreichen Rehabilitation wieder in das Arbeitsleben und die Gesellschaft einbringen; Unternehmen behalten ihre Fachkräfte; Rentenkassen werden entlastet.
Diese Vorteile haben inzwischen viele Länder erkannt und suchen nach Modellen, wie sie soziale Sicherheit am effektivsten organisieren können. Expertise im Bereich Rehabilitation ist international gefragt, man könnte fast sagen, sie ist ein „Exportschlager“. Deutschland übernimmt hier eine wichtige Rolle, denn wir haben viel Erfahrung gesammelt im Aufbau guter Rehabilitation. Das gilt im Übrigen genauso für das System der gesetzlichen Unfallversicherung: Unser System der gezielten integrativen Steuerung weckt Interesse, denn es steht für einen ganzheitlichen Ansatz, der Prävention und Rehabilitation aus einer Hand bietet.“
Wie kann eine internationaler Erfahrungsaustausch und ein Voneinander-Lernen gestaltet werden?
„Internationale Zusammenarbeit ist nichts für Einzelkämpfer. Ein Austausch auf dieser Ebene kann nur erfolgreich sein, wenn wir dabei möglichst viele Träger der sozialen Sicherung in Deutschland mit ins Boot holen. Die BAR hat hier als deutsche Plattform für Rehabilitation und als Mitglied von Rehabilitation International (RI) eine Schlüsselposition. Erfolgreich kann ein internationaler Austausch nur sein, wenn er Prioritäten setzt. Wie sehen die Reha-Systeme unserer Nachbarn aus? Welche Themen sind dort so interessant, dass wir sie gemeinsam aufgreifen sollten? Solche Fragen werden im kommenden Jahr sicher auch eine Rolle bei der nächsten Europäischen Konferenz von RI in Polen spielen.“
Wie bewerten Sie die europäischen Aktivitäten zugunsten von Menschen mit Behinderung? Welche Rolle spielt dabei Rehabilitation International (RI)?
„Die Europäische Kommission hat sich einen ehrgeizigen Aktionsplan gegeben. Ziel ist es, bis 2020 ein barrierefreies Europa für die rund 80 Millionen Europäer mit Behinderungen zu schaffen. Ihre Belange sollen in allen relevanten Politikbereichen, in denen die EU zuständig ist, berücksichtigt werden. Diese Selbstverpflichtung der Kommission ist für alle Mitgliedsländer eine große Herausforderung. Und als Vizepräsident von RI, zuständig für Europa, darf ich sagen, auch für uns. Denn RI ist das einzige weltweite Netzwerk, in dem Menschen mit Behinderung, staatliche Organisationen, Leistungserbringer und Experten zusammenarbeiten, um die Teilhabe von Menschen mit Behinderung zu verbessern.“
Was kann die BAR dazu beitragen, diesen Prozess mitzugestalten und zu fördern?
„Die BAR ist eines der wichtigsten Mitglieder im Netzwerk von RI. Sie arbeitet wie ein Scharnier, das verschiedene Arbeitsebenen verbindet: die nationale, die europäische und die internationale. Die BAR ist auch eine Anlaufstelle für internationale Interessenten, die Informationen zur Rehabilitation in Deutschland suchen. Ich könnte mir vorstellen, dass die Mitglieder der BAR ihr Potenzial auch für die Partner stärker nutzbar machen. Zum Beispiel, indem wir gemeinsam unsere internationalen Kontakte identifizieren und unter dem Dach der BAR bündeln. All das kann uns helfen, das Thema Rehabilitation im europäischen Raum noch stärker zu platzieren.“