Editorial Reha-Info 3/2017
Der Stellenwert von „Bildung“ ist nicht hoch genug einzuschätzen. Wie kaum eine andere soziale Kategorie ist Bildung eine zentrale Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben schlechthin. Das gilt für Menschen ohne Behinderung wie auch für Menschen mit Behinderung.
Mehr denn je steht das Thema Bildung in Deutschland im Blickpunkt von Politik und Öffentlichkeit. Auch der viel diskutierte Fachkräftemangel aufgrund der demografischen Entwicklung und die mit dem Wandel der Arbeitswelt verbundenen Veränderungen der Tätigkeits- und Berufsstrukturen erfordern rasch Antworten. Damit das Bildungsniveau in Deutschland weiter steigt, müssen die Zugangschancen zur Bildung erhöht werden – und zwar für alle Menschen. Für den Personenkreis der Menschen mit Behinderung leistet das Bundesteilhabegesetz dazu insoweit einen Beitrag als „Leistungen zur Teilhabe an Bildung“ nunmehr als eigene Leistungsgruppe gesetzlich verankert sind.
In Deutschland besuchen ca. 34 % der Kinder und Jugendlichen mit Förderbedarf eine Regelschule (Stand 2016). Mit der UN-Behindertenrechtskonvention wurde das Recht auf inklusive Bildung zum Menschenrecht erklärt. Um das Recht auf einen diskriminierungsfreien Zugang zur Regelschule, also eine „Schule für alle“, zu verwirklichen, werden noch viele Schritte zu gehen sein. Und schließlich steht nach wie vor die Frage im Raum, ob ein radikales In-Frage-Stellen bzw. ein Abschaffen von Förderschulen dem Anspruch „Bildung für alle“ im Sinne von „gleiche Chancen auf Teilhabe für alle“ gerecht werden können? Und wenn ja, wie dann die Rahmenbedingungen gestaltet sein müssen?
Schließlich kann „Schule für alle“ auch bedeuten, dass sich eine Förderschule für Kinder ohne Förderbedarf öffnet. Funktionierende Beispiele gibt es inzwischen einige. Wie und wo auch immer, es kommt darauf an, einen Ort zu schaffen, wo Vielfalt, Begabungen und Beeinträchtigungen ineinandergreifen. Wo Menschen sich ihren Fähigkeiten entsprechend entwickeln können. Das gilt nicht nur für den Bildungsort Schule, es gilt für alle anderen bestehenden wie künftigen Bildungsorte.
Ich grüße Sie herzlich
Ihre Helga Seel
Geschäftsführerin der BAR