Abgrenzung der Zuständigkeiten möglicher Leistungsträger

Orientierungssätze*

■ Die Versorgung mit einem Treppenlift im Wohnbereich kann nur dann eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben sein, wenn ein ausreichender Bezug zum Arbeitsleben besteht.

■ Dient die Leistung zugleich auch der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (soziale Teilhabe), kommt es auf den Schwerpunkt der Leistung an.

■ Der Umbau eines Hauses, der dem Menschen mit Behinderung überhaupt erst ermöglicht, sein Haus selbstständig zu verlassen, stellt eine Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft dar.


LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 14.12.2017, Az.: L 3 R 477/16 (rechtskräftig)

*Leitsätze des Gerichts und Orientierungssätze nach JURIS, jeweils ggf. redaktionell abgewandelt und gekürzt

Sachverhalt und Entscheidungsgründe

Der 1958 geborene Kläger ist Ingenieur und steht in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Aufgrund Querschnittlähmung hat er seit 2012 einen GdB von 100 mit den Merkzeichen „B“, „G“, „aG“ und „H“. Er bewohnt ein Eigenheim, zur Arbeitsstelle fährt er täglich mit seinem Pkw. Beim beklagten Rentenversicherungsträger hatte der Kläger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, u. a. Kfz-Hilfe, Hilfsmittel und technische Arbeitshilfen beantragt. Zudem bewilligte das Integrationsamt einen Zuschuss für die behinderungsgerechte Gestaltung des Arbeitsplatzes mit späterer Kostenübernahme durch den Rentenversicherungsträger. Die Bewilligung der beantragten Kostenübernahme für einen Treppenlift im Wohnhaus lehnte der Rentenversicherungsträger hingegen ab. Der Kläger hatte seinen Antrag damit begründet, nur mithilfe des Treppenliftes innerhalb seines Hauses von der Ebene des Carports auf die 1. Etage mit dem Wohnbereich gelangen und umgekehrt das Haus verlassen zu können. Das sei für ihn nur aufgrund seiner Berufstätigkeit erforderlich. Die Klage auf Kostenübernahme blieb auch in der 2. Instanz erfolglos.
Als Grundlage seiner Entscheidung prüft das LSG insbesondere eine etwaige Leistungszuständigkeit weiterer potentieller Rehabilitationsträger für einen Treppenlift. Verneint wird diese zunächst für die gesetzliche Krankenkasse (§ 33 SGB V) unter Verweis auf BSG-Urt. v. 16.7.2014 - B 3 KR 1/14 R – (mobile Treppensteighilfe) und für die gesetzliche Pflegekasse wegen des von dieser bereits geleisteten Höchstbetrags nach § 40 Abs. 4 SGB XI. Ebenso lehnt das LSG, schon wegen der insoweit im vorliegenden Fall bestehenden vorrangigen Zuständigkeit der Rentenversicherung (vgl. § 22 Abs. 2 SGB III), die Beiladung der Bundesagentur für Arbeit ab. Im Verhältnis zum Verantwortungsbereich der Eingliederungshilfe verneint das LSG schließlich auch eine Leistungspflicht des  Rentenversicherungsträgers. Der Treppenlift sei hier nicht der Teilhabe am Arbeitsleben sondern vielmehr als Maßnahme der sozialen Teilhabe grundsätzlich dem Leistungsbereich der  Eingliederungshilfe nach SGB XII (§§ 53 ff.) zuzuordnen. Ein für die Einordnung als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlicher ausreichender Bezug zum Arbeitsverhältnis fehle hier. Wegen § 14 SGB  IX wäre somit zwar eine Beiladung und ggf. Leistungspflicht des Eingliederungshilfeträgers in Betracht gekommen. Der Kläger war jedoch letztlich in Anbetracht der Einkommensverhältnisse nicht hilfebedürftig. Deshalb war die Klage im Ergebnis abzuweisen.
Was die Frage der Zuordnung von Maßnahmen zu mehreren in Betracht kommenden Leistungsträgern betrifft, hat das BSG schon in früheren Entscheidungen (vgl. bereits Urt. v. 9.11.1983 – 7 RAr 48/82) klargestellt, dass hierbei stets auf den Schwerpunkt der Leistung abzustellen ist. Auch das seit 1.1.2018 geltende BTHG hat insofern,  so wie vorliegend am Beispiel der Abgrenzung Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und – nach jetziger Begrifflichkeit – soziale Teilhabe, keine inhaltlichen Verschiebungen mit sich gebracht.