Ein Einblick in die Arbeit des „Fachdienst für ambulante Hilfen gGmbH“, Bitburg

Türöffner zur Teilhabe

Fachdienste aus dem Bereich ambulanter und aufsuchender Hilfen gehören neben den stationären und teilstationären Einrichtungen schon längst zur Angebotslandschaft der Eingliederungs- bzw. Behindertenhilfe. Nachfolgend möchten wir einen Einblick in unsere Leistungen und deren inhaltliche Ausgestaltung geben. Die Schwerpunkte unserer Arbeit gliedern sich in die Organisationseinheiten „Wohnbezogene Dienste“, „Ambulanter Sozialdienst“, „Freizeitpädagogische Angebote“ und „Beratung“. Wie sich im Folgenden zeigen wird, überschneiden sich diese Bereiche immer wieder.

Bei der konzeptionellen Entwicklung unserer Leistungen nahmen wir die Herausforderung an, eine moderne zeitgemäße Dienstleistung für Menschen mit Behinderung zu gestalten. Die Leitideen von Inklusion, Teilhabe und Empowerment sind hier ins Fundament der Konzeption eingeflossen. Ein weiterer elementar wichtiger Baustein war das Fachkonzept der Sozialraumorientierung, ohne das eine ambulante Leistungsform unserer Meinung nach nicht auskommt.

Der Fachdienst wurde 2016 als gemeinnützige GmbH von Kirsten Dahmen gegründet. In privater Trägerschaft wurden die Angebote des damaligen Einzelunternehmens „Heilpädagogische Dienste“ in diese komplexere Geschäftsform transferiert. Die Konzeption des Fachdienstes fußt ursprünglich auf der Grundidee der sogenannten „Offene Hilfen“. Diese wurden seit den 90er Jahren bei vielen Trägern der Behindertenhilfe als neue Organisationseinheit ausgebaut. Unter dem Begriff „offene Hilfen“ sammelten sich so erst einmal alle Angebote, die nicht einer festen (stationären) Struktur zuzuordnen waren, wie z.B. der familienunterstützende Dienst, Freizeitgruppen, inklusive Projekte und Ausflugsangebote.

Mit einem „emanzipatorischen Verständnis von Behinderung“ wirkten die offenen Hilfen aus heutiger Sicht verstärkt in den alltäglichen Bezügen der Menschen mit Behinderung. Die Strukturen und Arbeitsweisen innerhalb dieser Organisationsform von Leistungen begünstigen zudem eine „bedarfsorientierte, flexible und personenzentrierte Ausgestaltung“. Außerdem haben sie „das Potenzial, auf die Gestaltung der individuellen Sozialräume einzuwirken“.1

Mit unseren Angeboten unterstützen wir Menschen mit Behinderung, psychischer Erkrankung und Menschen in schwierigen Lebenslagen jeden Alters.

Unsere Leistungen im Einzelnen:

Die wohnbezogenen Dienste
Der Begriff „wohnbezogene Dienste“ bezieht sich in unserem Dienstleistungskontext auf Unterstützungsleistungen, die die Menschen mit Behinderung in ihrer Wohn- und Lebenssituation bekommen. Dabei spielt es für uns keine Rolle, ob wir in der aktuellen Wohnsituation unterstützen oder auch beim Übergang in eine neue Wohnsituation behilflich sind. Der Begriff möchte weiterhin abgrenzen von tradierten stationären Wohnsettings, aber auch von der Idee des betreuten Wohnens, die ausschließlich als „additives Setting“ von einigen Trägern der Behindertenhilfe angeboten werden. „Additiv“ meint hier, dass die Gestaltung des Hilfearrangement überwiegend bei einem Anbieter der Unterstützungsleistung verbleibt.2

Bei der Ausgestaltung der Leistungen haben wir uns teilweise an die aus Großbritannien stammenden Sozialkonzepte der „Community Care“ und des „Supported  Livings“ angelehnt:

So orientieren wir uns konsequent an den Bedarfen der Klienten. Die organisatorische Trennung von Wohnen und Betreuung ist auch im Sprachgebrach verankert, so dass wir z.B, immer vom Mieter sprechen und nicht vom „Bewohner“. Die Einführung von Unterstützungskreisen (circle of supports) gilt für uns als Methode moderner Behindertenarbeit. Hierbei möchten wir insbesondere auch die informellen Unterstützungssysteme (Familie, Nachbarschaft, Freunde) stützen, fördern und ausbauen.

Wir bemühen uns, keine zusätzlichen Sonderdienste (Fahrdienst, spezielle Freizeitdienste) einzuführen, wenn die Nutzung und der Ausbau von Regeldiensten möglich ist. Wie man an der Formulierung „bemühen“ erkennt, ist dies nicht immer einfach, gerade im ländlichen Bereich.

Der Ausschluss von Menschen mit schweren Behinderungen, bzw. hohem Unterstützungsbedarf ist inakzeptabel. Leider ist dies der Personenkreis, für den es die meisten Hürden gibt, in ein inklusives Wohnsetting zu kommen.

Aktuell begleiten wir überwiegend Menschen, die einzeln oder paarweise zusammenwohnen. Eine besondere Organisationsform ist in Abgrenzung hierzu die ambulante Wohngemeinschaft in Echtershausen. Hier leben 8 Menschen mit Behinderung jeweils in ihren eigenen Zimmern und teilen sich die gemeinsame Wohnung.  Es handelt sich hier um eine „Einrichtung mit besonderer konzeptioneller Ausrichtung“ nach §5 LWTG Rheinland-Pfalz. Für Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf und dem Bedarf einer nächtlichen Präsenzkraft bietet diese Wohnform eine wirkliche Alternative zu den stationären Wohnformen.

Der ambulante Sozialdienst
In unserem ambulanten sozialen Dienst erbringen wir unterschiedliche Teilhabeleistungen als aufsuchende, psychosoziale, familienunterstützende Hilfen.

Der familienunterstützende Dienst (FuD) hat einerseits die Funktion die Familien bzw. das betreuende System zu entlasten andererseits aber auch ein gezieltes Angebot für die Klienten und Klientinnen bereitzustellen. Häufig handelt es sich hierbei um individuell ausgestaltete Angebote für Menschen mit einem hohen Unterstützungsbedarf, aufgrund von herausforderndem Verhalten oder einer besonders schweren Behinderung. Manche KlientInnen können oder wollen oftmals nicht an den vorhandenen tagesstrukturierenden Angeboten wie WfbM oder Tagesförderstätte mit besonderem Förderangebot teilnehmen, z.B. weil die infrage kommende Einrichtung nicht ausreichend auf die Bedarfe der Betroffenen eingehen kann oder die Betroffenen nicht in einer WfbM arbeiten möchten. Bei der Planung der Hilfen kann eine 1:1 Betreuung mit heilpädagogischem Angebot (z.B. Sozialkompetenztraining, Selbständigkeitstraining, TEACCH, Alltagskompetenztraining) eingerichtet werden.

Weiterhin können die Leistungen des ambulanten Dienstes auch zur Gestaltung von Übergängen eingesetzt werden. Dies kann z.B. genutzt werden, wenn für Menschen mit Behinderung aktuell die geeignete Hilfe noch nicht gefunden ist oder der Mensch auf einen Platz in einer Einrichtung wartet.

Übergänge sind in diesem Zusammenhang auch der geplante Auszug ins selbständige Wohnen. Hier gibt es Schnittstellen zu den Leistungen der Beratung, der wohnbezogenen Dienste und der Freizeitmaßnahmen.

Der FuD betreut Menschen mit Behinderung auch regelmäßig in Abwesenheitssituationen der Angehörigen (Urlaub, Krankheit, Freizeit, Berufstätigkeit der Angehörigen) und springt bei plötzlichen Ausfällen der Angehörigen ein.

Unsere psychosozialen Hilfen sehen wir in Abgrenzung zum Fud als ambulantes Angebot für Menschen mit psychischer Erkrankung. Neben den medizinischen und therapeutischen Hilfen benötigen viele Betroffene Hilfen im Alltag, oftmals bei praktischen Aufgaben, wie z.B. der Organisation des Haushalts, Behördengänge, Inanspruchnahme medizinisch/therapeutischer Hilfen und Einkaufen. Innerhalb der psychosozialen Betreuung finden Entlastungsgespräche statt, die dabei helfen, die Lebenssituation unserer KlientInnen zu stabilisieren, ihre Eigenständigkeit zu erhalten und die Menschen dazu zu befähigen wieder am Leben teilhaben zu können.

Bei unserem Angebot zur Unterstützung im Alltag handelt es sich um ein niedrigschwelliges Betreuungsgebot. Hier unterstützen wir die KlientInnen bei allen alltäglichen Aufgaben im Haushalt, bei Einkäufen, beim Besuch von Veranstaltungen und helfen somit ihre Eigenständigkeit und Lebensqualität zu erhalten. Diese pflegefinanzierte Leistung kann Angehörige entlasten, z.B. bei der Begleitung von Menschen, die von einer dementiellen Entwicklung betroffen sind („Pflegebetreuung“).

Freizeitpädagogische Angebote
Mit dem Begriff „Freizeit“ wird in der Regel der Zeitraum des Tages benannt, in dem Menschen ihren individuellen Bedürfnissen nach Hobbys, sportlichen Aktivitäten, Ausruhen oder Kreativität nachgehen. Es ist die Zeit außerhalb von Verpflichtungen und Abhängigkeiten oder Forderungen vom Arbeitgeber oder Schule. Hendrik Trescher beschreibt Freizeit als einen überwiegend „herrschaftsfreien Sozialraum“, eine „selbstbestimmte Zeit für selbst gewählte Tätigkeiten.3

Wenn man den Begriff vom „herrschaftsfreien Sozialraum“ ernstnimmt, scheint es, dass auch im Freizeitbereich für Menschen mit Behinderung ein Nachteil existiert. Insbesondere in stationären Betreuungskontexten scheinen ihre Zeitfenster, die nicht reguliert, pädagogisch gestützt, begleitet und bewertet werden, kleiner und seltener zu sein als bei nichtbehinderten Menschen.

Um die Finanzierung der Maßnahmen im Freizeitbereich zu erhalten, bedarf es, zumindest was die Eingliederungshilfe betrifft, der Formulierung pädagogischer Ziele. Wir sehen hier als Zielrichtung insbesondere das Anstoßen von Verselbständigungsprozessen, das Erleben von Selbstwirksamkeit und die Entwicklung bzw. Erweiterung der Alltags- und Sozialkompetenz der KlientInnen. Unwidersprochen ist auch der Wert der gesellschaftlichen Teilhabe, den es hat, wenn sich unsere KlientInnen im öffentlichen Raum bewegen und an Veranstaltungen teilnehmen können mit Hilfe des Unterstützungsangebots.  

Bei unserem Angebotsspektrum unterscheiden wir in Einzel- und Gruppenangebot. Die Einzelbegleitung z.B. zu den kulturellen Veranstaltungen wird von uns mit den KlientInnen zusammen organisiert. Da wir uns Inklusion und Sozialraumorientierung ins Konzept geschrieben haben, bieten wir bei den geplanten Gruppenaktionen gerne die Begleitung zu verschiedenen Veranstaltungen, Begegnungsorten, Sport- und Kulturstätten, Ausflugszielen, bevorzugt in der Region, an.  Wir möchten die Etablierung weiterer „Sonderwelten“ vermeiden und stehen in Kontakt mit regionalen Anbietern von Freizeitaktivitäten wie Musikschulen, Haus der Jugend, Fitnessclub, Familienbildungsstätte, Bowlingbahn, Freizeitbad u.s.w.

Die „Hilfen zur Förderung der Begegnung und des Umgangs mit nichtbehinderten Menschen “ sind bekanntermaßen auch im SGB IX verankert.

Beratung
Im Rahmen der Unterstützungsangebote findet täglich Beratung in Form von informellen Gesprächen mit den Klienten und Klientinnen und/oder den Angehörigen statt. Als Anbieter von Unterstützungsleistungen bieten wir darüber hinaus kostenlose Beratung zu Betreuung, Pflege, Kostenübernahme, Wohnformen und Freizeitmöglichkeiten an.

Fazit

Der Fachdienst für ambulante Hilfen hat sich in den vergangenen Jahren neben den stationären und teilstationären Angeboten der Behindertenhilfe als weiteres Angebot im Bereich der Eingliederungshilfeleistungen etabliert. Durch die Angebotsvielfalt und fachlichen Ausdifferenzierung der Angebote werden die Leistungen für die Menschen mit Behinderung zum „Türöffner“ zur Teilhabe.

 

1 Huppert, C. (2015). Inklusion und Teilhabe. Herausforderung zur Weiterentwicklung der Offenen Hilfen für Menschen für Behinderung. Marburg: Lebenshilfe-Verlag
2 Rohrmann, A.(2007). Offene Hilfen und Individualisierung. Perspektiven sozialstaatlicher Unterstützung für   Menschen mit Behinderung. Klinkhardt Verlag
3 Trescher, H. (2016). Inklusive Freizeitgestaltung für ältere Menschen mit geistiger Behinderung – ein Strukturproblem. Teilhabe 1/2016. S.37-43. Marburg: Lebenshilfe-Verlag