Rehabilitation und Teilhabe gelingen, wenn Vernetzung funktioniert
Die Perspektive der Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB®)
Seit Verabschiedung des BTHG, dessen letzte Reformstufe zu Beginn dieses Jahres in Kraft trat, sind aus unserer Sicht im Bereich der Rehabilitation und Teilhabe durchaus positive Entwicklungen zu verzeichnen.
So gab es einige Fortschritte im Bereich der Kernanliegen des BTHG:
- Stärkung der Rechte von Menschen mit Behinderung sowie die Sicherstellung ihrer Teilhabe am gesellschaftlichen Leben
- Abbau von Barrieren als zentrale Zielsetzung der Leistungen zur Rehabilitation
- Förderung der Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger gemäß § 6 SGB IX
- Zeitgemäße und zukunftstaugliche Gestaltung des Rehabilitationsrechts
Zu nennen sind insbesondere die längst überfällige Überführung des Eingliederungshilferechts aus dem Sozialhilferecht in das SGB IX. Ebenso wie die konsequente Trennung von Fachleistungen und Leistungen zum Lebensunterhalt oder die verbesserten Regelungen bezüglich der finanziellen Beteiligung von Leistungsberechtigten in der Eingliederungshilfe. Diese Änderungen tragen bereits wahrnehmbar zu einem neuen Verständnis von Behinderung und zu besseren Lebensbedingungen bei.
Dabei ist klar, dass die vollständige Umsetzung der Kernanliegen für alle beteiligten Akteurinnen und Akteure eine große Herausforderung darstellt. Angesichts der Komplexität des deutschen Sozialleistungssystems mit seinen diversen Finanzierungssystematiken und Interessenlagen ist dies keine neue Erkenntnis.
Erfreulicherweise wird an vielen Stellen trotz aller Widrigkeiten mit Hochdruck an dieser Aufgabe gearbeitet. Hervorzuheben sind hierbei insbesondere das Engagement und die Anstrengung von Menschen mit Behinderung. Sie nehmen mit ihrer Haltung, ihren Erwartungen und mit hohem Engagement aktiv Einfluss auf die praktische Umsetzung des BTHG und gestalten so bessere Lebensverhältnisse für alle. Bei Leistungsträgern und Leistungserbringern nehmen wir ein wachsendes Bewusstsein für notwendige Anpassungen ihrer Arbeit an die neue Gesetzeslage wahr.
Mehr Beteiligung ist nötig
Trotz der positiven Entwicklungen bleibt angesichts der bereits nach der Verabschiedung des SGB IX im Jahr 2001 bekannten, bis heute bestehenden Probleme, ein fader Beigeschmack. So ist eine Kooperation zwischen Leistungsträgern nach wie vor kaum vorhanden. Antragstellerinnen und Antragsteller stehen so häufig vor der Situation, selbst nach dem für sie zuständigen Träger suchen zu müssen. Außerdem mangelt es in zahlreichen Fällen an der notwendigen Unterstützung, insbesondere bei der Antragstellung, die für viele Menschen zu komplex gestaltet ist. Ähnlich lässt sich für den Bereich des Beratungsauftrages der Leistungsträger resümieren, dass hier aus unserer Sicht „Luft nach oben“ ist.
Auch das an vielen Stellen immer noch vorhandene Selbstverständnis von Leistungserbringern erweist sich häufig als Problem, beispielsweise wenn der Wille von Menschen mit Behinderung aufgrund von Fürsorgeerwägungen übergangen wird. Eigene Wertvorstellungen und Haltungen der Leistungserbringer spielen bei der Leistungserbringung häufig noch eine übergeordnete Rolle, die nicht immer mit dem Ziel der Selbstbestimmung zu vereinbaren sind.
Als Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatung sind wir in der Pflicht, alle Menschen darin zu bestärken, für ihre Bedürfnisse einzutreten und selbst über ihre Lebenssituation zu bestimmen. Unser Beitrag zur Umsetzung der Bestimmungen des BTHG liegt bei den Schwerpunkten der Aufklärung, Stärkung und Begleitung der Ratsuchenden bei der Verfolgung ihrer Anliegen und Ansprüche. Unser Wunsch liegt in einer stärkeren Vernetzung aller am Umsetzungsprozess beteiligten Akteurinnen und Akteure. Wir bemerken deutlich positive Auswirkungen auf die Prozesse und Ergebnisse der Rehabilitation und damit auf die Teilhabe von Menschen mit Behinderung, immer dort wo, diese Vernetzung bereits funktioniert.