Update Betriebliches Eingliederungsmanagement – Stufenweise Wiedereingliederung: weitere Kernaussagen neuerer höchstrichterlicher Rechtsprechung
Rechtsprechung zum BEM (§ 167 Abs. 2 SGB IX) und zur Stufenweisen Wiedereingliederung (SWE, § 44 SGB IX) wurde zuletzt in den Reha-Info-Ausgaben 2/2015, 2/2017 sowie 1/2022 (BEM) und 6/2014, 3/2015 sowie 1/2020 (SWE) zusammengestellt. Nachfolgend werden weitere Kernaussagen* jüngerer höchstrichterlicher Rechtsprechung wiedergegeben.
Betriebliches Eingliederungsmanagement
§ 167 Abs. 2 S. 1 SGB IX begründet keinen Individualanspruch der betroffenen Arbeitnehmer auf Einleitung und Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements.
BAG, Urt. v. 07.09.2021
– 9 AZR 571/20
Ein BEM-Verfahren entspricht den gesetzlichen Anforderungen nur dann, wenn es keine vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Anpassungs- und Änderungsmöglichkeiten ausschließt und in ihm die von den Teilnehmern eingebrachten Vorschläge sachlich erörtert werden.
BAG, Urt. v. 20.05.2020
– 7 AZR 100/19
Das in einem betrieblichen Eingliede-rungsmanagement formulierte Recht des betroffenen Arbeitnehmers, zwi-schen der Durchführung eines BEM mit und ohne Beteiligung der Interessenver-tretungen zu wählen, sowie ein Hinweis darauf, entspricht einem regelkonfor-men betrieblichen Eingliederungsma-nagement.
BAG, Beschl. v. 19.11.2019
– 1 ABR 36/18; vgl. auch Urt.
v. 17.04.2019 – 7 AZR 292/17
§ 167 Abs 2 SGB IX bestimmt keine Verfahrens- und/oder Förderpflichten (speziell) zugunsten schwerbehinderter Menschen. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung kann daher auch nicht die Vermutung begründen, dass eine Benachteiligung wegen einer (Schwer)Behinderung erfolgte.
BAG, Urt. v. 02.06.2022
– 8 AZR 191/21
Die Zustimmung des Integrationsamts zu einer krankheitsbedingten Kündigung begründet nicht die Vermutung, dass ein (unterbliebenes) betriebliches Eingliederungsmanagement die Kündigung nicht hätte verhindern können. War der Arbeitgeber gemäß § 167 Abs. 2 S. 1 SGB IX zur Durchführung eines BEM verpflichtet und ist er dieser Verpflichtung nicht nachgekommen, ist er darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass auch ein BEM nicht dazu hätte beitragen können, neuerlichen Arbeitsunfähigkeitszeiten entgegenzuwirken und das Arbeitsverhältnis zu erhalten.
§ 167 Abs. 2 SGB IX sieht die schriftliche Zustimmung des Arbeitnehmers in die Verarbeitung seiner im Rahmen eines BEM erhobenen personenbezogenen und Gesundheitsdaten nicht als tatbestandliche Voraussetzung für die Durchführung eines BEM vor.
BAG, Urt. v. 15.12.2022
– 2 AZR 162/22
Stufenweise Wiedereingliederung
Leistungen zur stufenweisen Wiedereingliederung begründen als sonstige Hilfe zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben einen Mehrbedarf bei Behinderung. Das im Hinblick auf eine stufenweise Wiedereingliederung gezahlte Übergangsgeld ist nicht um den Erwerbstätigenfreibetrag zu bereinigen.
BSG, Urt. v. 05.07.2017
– B 14 AS 27/16 R
Zur Thematik „Fahrtkostenerstattung“ vgl. jüngst Sächs. LSG, Urt. v. 14.10.2022 – L 1 KR 320/20: kein Anspruch nach KV-Recht (a. A. LSG MV, Urt. v. 28.05.2020 – L 6 KR 100/15), aber ggf. nach RV-Recht
– Revision zugelassen.
*Aus Leitsätzen der Gerichte bzw. Orientierungssätzen nach JURIS sowie Entscheidungsgründen, redaktionell abgewandelt und gekürzt