Wie kann die Rehabilitation von Menschen mit Behinderungen im gegliederten System weiter verbessert werden?
Markus Hofmann, DGB Bundesvorstand
Wenn wir heute konkret danach fragen, wie die Rehabilitation von Menschen mit Behinderung oder Menschen, die von Behinderung bedroht sind, im gegliederten System verbessert werden kann, so stehen hier zwei Dinge im Fokus:
Bessere Verzahnung des Systems
Zum einen müssen wir durch bessere Verzahnung der Meldewege und Datenströme zwischen Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern für ein frühestmögliches Erkennen von Reha-Bedarfen bei Menschen, die von Behinderung bedroht sind, sorgen. Hier brauchen wir eine frühere Intervention durch geeignete Maßnahmen zur Teilhabe. Viel zu viele Menschen landen heute ohne vorherige Reha-Maßnahmen in der Erwerbsminderungsrente, die – gerade bei jüngeren Menschen – aufgrund ihrer Höhe sehr oft eine Teilhabe am gesellschaftlichen, politischen und sozialen Leben nicht ermöglicht.
Personenzentrierung und umfassende Bedarfsfeststellung
Zum anderen muss die Kooperation der Reha-Träger untereinander noch besser werden. Wir brauchen neben niedrigschwelligen Beratungsangeboten – die neuen Ansprechstellen sind ein Weg dahin – auch Lotsen und Fallmanager, die den Menschen mit Behinderungen helfen, die richtige Maßnahme zur richtigen Zeit vom zuständigen Träger zu erhalten. Dazu müssen insbesondere etliche Sozialversicherungsträger noch ihre Arbeitsprozesse und Organisationsstrukturen so anpassen, dass die gebotene Personenzentrierung und umfassende Bedarfsfeststellung gewährleistet wird. Den notwendigen Kulturwandel, um den Gegensatz zwischen Massengeschäft und individuellen, maßgeschneiderten Reha-Verfahren und Reha-Maßnahmen auszutarieren bzw. zu überwinden, müssen die Selbstverwaltungen und Geschäftsführungen der Träger ermöglichen und gewährleisten.
Austausch und Mitarbeit auf Ebene der BAR
Ein Garant für eine positive Weiterentwicklung des gegliederten Reha-Systems ist zudem die BAR. In der BAR geht es auch nach 50 Jahren darum, dass die Träger über den eigenen Tellerrand schauen, neben den eigenen Interessen, auch die Interessen der anderen Akteure kennen und respektieren, dass nach konsensualen Lösungen gesucht wird und dabei auch Bereitschaft besteht, die Strukturen und Prozesse des eigenen Trägers zu verändern. Ein oft nicht ganz einfaches Unterfangen, das allen Akteuren viel abverlangt, aber im Sinne der Menschen mit Behinderungen unerlässlich ist und absehbar Früchte trägt.
Dr. Volker Hansen, BDA | DIE ARBEITGEBER
Erfolgreiche Rehabilitation leistet einen wertvollen Beitrag zum Erhalt und zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit von oft dringend benötigten Arbeits- und Fachkräften. Deshalb ist Rehabilitation für Arbeitgeber von zentraler Bedeutung. Eine erfolgreiche Rehabilitation trägt dazu bei, volkswirtschaftlichen Schaden zu begrenzen und bildet die notwendige Ergänzung zum Engagement der Betriebe zur Gesundheitsförderung und zur Wiedereingliederung erkrankter Beschäftigter. Aus meiner Sicht sind folgende Ansätze zentral:
Bedarfe frühzeitig erkennen und agieren
Ein Bedarf an Rehabilitation muss so früh wie möglich erkannt werden, weil ein Zusammenhang zwischen Erfolg der Reha-Leistung und der frühzeitigen Erkennung des Bedarfs besteht. Wird eine Reha-Leistung erst verspätet durchgeführt, kann das im Einzelfall mit schwerwiegenden Folgen verbunden sein. Hier besteht aus meiner Sicht Potenzial. Dies gilt z. B. für Krankenkassen, die bei absehbarer Arbeitsunfähigkeit früher und aktiver tätig werden müssen. Aber auch die Jobcenter sind gefordert, Bedarfe an Rehabilitation zu erkennen und die zuständigen Reha-Träger ins Verfahren einzubeziehen. Alle Reha-Träger sind aufgefordert, die Jobcenter zu unterstützen.
Ein Antrag – Trägerübergreifendes Handeln verankern
Das trägerübergreifende Verständnis von Rehabilitation muss weiterentwickelt werden. Ein erstes Ziel sollte es sein, zu einem einheitlichen Antragsverfahren und einem zwischen den Reha-Trägern abgestimmten Antragsformular zu kommen. Auch muss das trägerübergreifende Handeln zwischen den Akteuren weiter verbessert werden, um die Erledigung der Anträge zu beschleunigen, die Erfolgsaussichten der Leistungen zu verbessern und eine zeitnahe Rückkehr in Beschäftigung koordiniert sicherzustellen. Alle Sozialversicherungsträger haben hier die Verpflichtung, die trägerübergreifende Zusammenarbeit auf der Ebene der BAR weiter zu forcieren und zu verbessern.
Schnittstellen abbauen – Zusammenarbeit verbessern
Die Reha-Träger müssen schnell Kenntnisse über relevante Gesundheitsprobleme von Versicherten erhalten, sobald diese Informationen anderen Reha-Trägern vorliegen. Relevante Informationen müssen an die beteiligten Träger kurzfristig weitergeleitet werden können, das gemeinsame Handeln der Akteure ist auszubauen. Auf Ebene der BAR lassen sich Potenziale entsprechend herausarbeiten. Für eine bessere Zusammenarbeit der Reha-Träger bilden gemeinsame Schulungen der Beschäftigten der Reha-Träger eine sinnvolle Ergänzung.