Die sieben Phasen des Reha-Prozesses, dargestellt in sich überlappenden Kreisen: Bedarfserkennung, Zuständigkeitsklärung, Bedarfsermittlung und Bedarfsfeststellung, Teilhabeplanung, Leistungsentscheidung, Durchführung von Leistungen zur Teilhabe und Aktivitäten zum bzw. nach Ende einer Leistung. Hervorgehoben ist die Phase der Bedarfsermittlung und Bedarfsfeststellung. Die Überschrift lautet „Der Reha-Prozess“ und unten befindet sich das Logo der BAR.

14. Wann erfolgt ein erweitertes Splitting nach § 29 Abs. 5 GE Reha-Prozess?

Paragraphen: § 29 Abs. 5, § 30 GE RP - Stichwörter: Bedarfsermittlung (Trägermehrheit), Antragssplitting

Beim erweiterten Splitting handelt es sich um eine besondere Form des Antragssplittings nach § 15 Abs. 1 SGB IX, auf das sich die Reha-Träger in der GE Reha-Prozess (§ 29 Abs. 5) verständigt haben. Leitgedanke dabei war, auch in solchen Grenzfällen den hinter § 15 Abs. 1 SGB IX stehenden Gesetzeszweck zu verwirklichen: Der Träger, der nach § 6 SGB IX nicht für eine Leistung zuständig sein kann, muss grundsätzlich auch nicht über diese Leistung entscheiden.

Schnellüberblick erweitertes Antragssplitting (§ 15 Abs. 1 SGB IX i. V. m. § 29 Abs. 5 GE Reha-Prozess)

  • Erfolgt in der Phase der Bedarfsermittlung und -feststellung, nachdem der leistende Reha-Träger nach § 14 SGB IX feststeht.
  • Der leistende Reha-Träger kann nach § 6 Abs. 1 SGB IX für keine der vom Antrag umfassten Leistungen zuständiger Reha-Träger sein.
  • Der leistende Reha-Träger leitet den gesamten Antrag an den voraussichtlich zuständigen Reha-Träger weiter.
  • Trotz Weiterleitung bleibt der leistende Reha-Träger in seiner Rolle und ist damit weiterhin der antragstellenden Person gegenüber im Rahmen des § 18 SGB IX verantwortlich und koordiniert grundsätzlich die Leistungen (vgl. § 30 Abs. 3 GE Reha-Prozess)

 

Voraussetzungen für ein erweitertes Antragssplitting (§ 29 Abs. 5 GE Reha-Prozess i. V. m. § 15 Abs. 1 SGB IX)

  • Der leistende Reha-Träger stellt fest, dass er nach § 6 Abs. 1 SGB IX für keine vom Antrag umfasste Leistung zuständig sein kann. Eine Weiterleitung des vollständigen Antrags nach § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX kommt nicht Betracht, weil
    • entweder bereits zwei Wochen nach Antragseingang vergangen sind
    • oder der leistende Reha-Träger bereits zweitangegangener Reha-Träger ist.
  • In einer solchen Fallkonstellation bietet § 15 Abs. 1 SGB IX i. V. m. § 29 Abs. 5 GE Reha-Prozess die Möglichkeit, den gesamten Antrag im Rahmen eines erweiterten Splittings an den voraussichtlich zuständigen Träger weiterzuleiten. Dabei bleibt der weiterleitende Reha-Träger leistender Reha-Träger.
  • Beispiel: Die Krankenkasse erhält einen Antrag von einer bei ihr versicherten Person. Sie stellt bei der Prüfung nach Ablauf von zwei Wochen nach Antragseingang fest, dass der Antrag ausschließlich Leistungen zur sozialen Teilhabe umfasst. Für diese Leistungen kann die Krankenkasse nach § 6 Abs. 1 SGB IX nicht Reha-Träger sein. Eine vollständige Weiterleitung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX scheidet aufgrund des Fristablaufs aus. Die Krankenkasse ist leistender Reha-Träger. Im Rahmen des erweiterten Splittings hat die Krankenkasse nach § 15 Abs. 1 SGB IX i. V. m. § 29 Abs. 5 GE Reha-Prozess die Möglichkeit, den gesamten Antrag an den voraussichtlich zuständigen Reha-Träger (zum Beispiel den Träger der Eingliederungshilfe) weiterzuleiten. Dennoch bleibt sie leistender Reha-Träger.

 

Auswirkungen des erweiterten Antragssplittings (§ 30 Abs. 3 GE Reha-Prozess i. V. m. § 15 Abs. 1 SGB IX)

  • Die Entscheidung über den Antrag (Verwaltungsakt) obliegt dem Splittingadressaten. Das ist der Reha-Träger an den der Antrag vom leistenden Reha-Träger im Rahmen des erweiterten Splittings weitergeleitet wurde.
  • Die Entscheidungsfristen für den Antrag richten sich nach § 15 Abs. 4 SGB IX. Dies bedeutet, dass der Splitting-Adressat sechs Wochen nach Antragseingang beim leistenden Reha-Träger entscheidet. Im Fall einer Teilhabeplankonferenz entscheidet er innerhalb von zwei Monaten nach Antragseingang.
  • Die Verantwortung für die rechtzeitige Entscheidung gegenüber den Leistungsberechtigten im Kontext des § 18 SGB IX verbleibt beim leistenden Reha-Träger (§ 30 Abs. 3 GE Reha-Prozess).
  • Auch die Koordinierungsverantwortung verbleibt grundsätzlich beim leistenden Reha-Träger. Der Splittingadressat soll dem leistenden Reha-Träger jedoch anbieten, die Teilhabeplanung zu übernehmen (vgl. § 30 Abs. 3 GE Reha-Prozess i. V. m. § 19 Abs. 5 SGB IX).

Hintergrund

  • Das erweiterte Antragssplitting nach § 29 Abs. 5 GE Reha-Prozess ist eine besondere Form des Antragssplittings nach § 15 Abs. 1 SGB IX
  • Antragssplitting nach § 15 Abs. 1 SGB IX
    • Das Antragssplitting greift, wenn ein Antrag auch Leistungen umfasst, für die ein leistender Reha-Träger nach § 6 Abs. 1 SGB IX nicht zuständiger Reha-Träger sein kann, die also grundsätzlich außerhalb seines Leistungsbereichs liegen.
    • Der leistende Reha-Träger soll für Leistungen außerhalb seines Leistungsbereichs grundsätzlich keine Leistungsansprüche feststellen und Leistungen erbringen müssen.
    • Gleichzeitig soll die Koordinierungsverantwortung für den gesamten Antrag und die grundsätzliche Verantwortlichkeit für die rechtzeitige Leistungsentscheidung gegenüber der antragsstellenden Person (vgl. § 18 SGB IX) grundsätzlich innerhalb von zwei Wochen – durch die Festlegung des leistenden Reha-Trägers – geklärt sein (vgl. § 14 SGB IX).
    • Dies wird durch das Antragssplitting ermöglicht indem der materiell-rechtlich zuständige Reha-Träger ("Splitting-Adressat") über seinen Teil des Antrags entscheidet, während die Koordinierungsverantwortung für den gesamten Antrag beim leistenden Reha-Träger verbleibt.
  • Erweitertes Antragssplitting nach § 29 Abs. 5 GE Reha-Prozess als besondere Form des Antragssplittings
    • Das erweiterte Antragssplitting greift, wenn ein leistender Reha-Träger für keine vom Antrag umfasste Leistungen nach § 6 Abs. 1 SGB IX zuständiger Reha-Träger sein kann. Der oben beschriebene Rechtsgedanke des Antragssplittings nach § 15 Abs. 1 SGB IX wird dadurch auch in solchen Fällen berücksichtigt: Der materiell-rechtlich zuständige Reha-Träger ("Splitting-Adressat") entscheidet über den gesamten Antrag, während die Koordinierungsverantwortung grundsätzlich beim leistenden Reha-Träger verbleibt.
    • Da der leistende Reha-Träger und seine Verantwortlichkeiten bestehen bleiben, ist das erweiterte Antragssplitting
      • keine zusätzliche Weiterleitungsmöglichkeit des gesamten Antrags
      • keine andere Form der "Turboklärung" nach § 14 Abs. 3 SGB IX. Siehe Frage 7: "Turboklärung (§ 14 Abs. 3 SGB IX) und erweitertes Splitting (§ 29 Abs. 5 GE Reha-Prozess): Wann macht ein Reha-Träger was?"

 

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