Soziale Ungerechtigkeiten ausgleichen
Beratungsanfragen bei der EUTB®
In der Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB®) stehen wir täglich vor der Aufgabe, Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen zu unterstützen. Etwa 20 Prozent der Anfragen stammen von Angehörigen von Kindern und Jugendlichen mit Teilhabebedarf oder Behinderungen. Diese Quote verdeutlicht, wie zentral die Themen Kinder und Jugendliche in unserem Beratungsalltag sind und wie wichtig es ist, hier spezialisierte und umfassende Beratungsangebote bereitzustellen.
In den letzten Jahren verzeichnen wir einen signifikanten Anstieg der Beratungsanfragen. Diese Entwicklung hat verschiedene Ursachen: Einerseits sind wir als EUTB® bekannter geworden, was mehr Menschen dazu bewegt, unser Angebot in Anspruch zu nehmen. Andererseits könnte die gestiegene Sensibilisierung in der Gesellschaft für Inklusion und Behinderung dazu beitragen, dass Familien häufiger ihre Ansprüche geltend machen.
Häufige Themen und Herausforderungen in der Beratung
Unsere Arbeit umfasst zahlreiche spezifische Themen und Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Psychische Erkrankungen sind dabei ein zentrales Thema. Besonders wichtig ist auch die Auseinandersetzung mit Neurodiversität, also dem Umgang mit ADHS und dem Autismus Spektrum. Hier zeigt sich, dass die bestehenden Hilfssysteme teilweise überfordert sind. Ein besonderes Augenmerk legen wir auf Kinder mit Mehrfachbehinderungen, die oft vor komplexen Herausforderungen stehen. Diese erfordern eine enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteur*innen. Die Teilhabe dieser Kinder ist nicht nur eine rechtliche, sondern auch eine gesellschaftliche Aufgabe.
Soziale Benachteiligung und Teilhabeeinschränkungen
In unserer täglichen Arbeit begegnen wir Menschen mit Behinderungen aus allen gesellschaftlichen Schichten. Dennoch wird klar, dass es Personengruppen gibt, die aufgrund struktureller Benachteiligungen besonders gefährdet sind, in ihrer Teilhabe eingeschränkt zu werden. Hierbei spielen vor allem sozial benachteiligte Familien eine zentrale Rolle, die mit zusätzlichen Hürden konfrontiert sind.
Ein Beispiel dafür sind Familien, die erst seit kurzem in Deutschland leben und daher mit dem deutschen Hilfesystem und den spezifischen Begrifflichkeiten rund um Behinderungen wenig vertraut sind. Diese Familien haben oft Schwierigkeiten, sich im komplexen Geflecht der Unterstützungsangebote zurechtzufinden. Sprachliche Barrieren, mangelnde Kenntnisse über das deutsche System und eine fehlende kultursensible Aufklärung seitens der bestehenden Hilfssysteme verschärfen diese Problematik zusätzlich. Es zeigt sich, dass die Bereitstellung von Informationen in verständlicher und zugänglicher Form sowie die Einbindung von kultursensiblen Peer-Berater*innen entscheidende Faktoren sind, um diesen Familien die notwendige Unterstützung zu bieten.
Ein weiteres Hindernis besteht in den umweltbedingten Barrieren, die für viele betroffene Familien schwer zu überwinden sind. Hierzu zählen nicht nur physische Barrieren, wie beispielsweise unzureichend barrierefreie Infrastrukturen, sondern auch soziale Barrieren, die durch fehlende Aufklärung und mangelndes Verständnis in der Gesellschaft entstehen. Dies betrifft insbesondere Familien, die aufgrund ihrer sozialen Lage weniger Zugang zu Bildung und Information haben. Der Abbau dieser Barrieren erfordert eine intensive Netzwerkarbeit, bei der verschiedene Akteure, darunter Schulen, soziale Dienste und Selbsthilfegruppen, eng zusammenarbeiten müssen.
Fortschritte und offene Baustellen
Ein zentraler Aspekt der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe ist die Schaffung von Strukturen, die es ermöglichen, allen Kindern und Jugendlichen unabhängig von ihren individuellen Beeinträchtigungen eine gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen. Hierbei spielt die Rolle der Verfahrenslotsen eine entscheidende Rolle. Diese speziell ausgebildeten Fachkräfte unterstützen Familien dabei, sich im oft unübersichtlichen Hilfesystem zurechtzufinden und die richtigen Unterstützungsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen.
Im Landkreis Schaumburg haben wir die positive Erfahrung gemacht, dass eine enge Zusammenarbeit mit der Verfahrenslotsin zu einer verbesserten Unterstützung der betroffenen Familien führt.
Eine engagierte Kollegin des Jugendamtes fungiert hier als Verfahrenslotsin und arbeitet intensiv mit uns zusammen, um die verschiedenen Hilfsangebote zu koordinieren und den Familien den Zugang zu den notwendigen Unterstützungen zu erleichtern. Diese Kooperation zeigt, wie wichtig die Vernetzung und der Austausch zwischen den verschiedenen Akteuren sind, um eine wirksame und nachhaltige Unterstützung zu gewährleisten.
Gleichzeitig zeigt sich jedoch auch, dass es noch viele Herausforderungen gibt, die in der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe angegangen werden müssen. Trotz der Fortschritte, die durch die Einführung der Verfahrenslotsen erzielt wurden, bestehen weiterhin strukturelle Defizite, die es zu beheben gilt. Dies betrifft insbesondere die flächendeckende Verfügbarkeit von inklusiven Angeboten und die Sensibilisierung aller beteiligten Akteure für die besonderen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die kultursensible Gestaltung der Hilfsangebote. Es reicht nicht aus, standardisierte Lösungen anzubieten, die möglicherweise nicht auf die spezifischen Bedürfnisse von Familien mit Migrationshintergrund abgestimmt sind. Hier ist es notwendig, individuelle und flexible Ansätze zu entwickeln, die den kulturellen Hintergrund der Familien berücksichtigen und ihnen den Zugang zu den Hilfsangeboten erleichtern. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit mit kultursensiblen Berater*innen und Peer-Unterstützer*innen, die selbst aus der Zuwanderungsgeschichte kommen und daher die spezifischen Herausforderungen dieser Familien besser verstehen.
Fazit
Die Arbeit der EUTB® im Bereich der Beratung von Familien mit Kindern und- Jugendlichen mit Teilhabebedarf oder Behinderung ist vielfältig und herausfordernd. Die zunehmenden Anfragen zeigen, dass unser Beratungsangebot als wichtige Ressource wahrgenommen
wird. Gleichzeitig offenbaren die täglichen Begegnungen, dass noch viele Baustellen bestehen, um eine wirklich inklusive Gesellschaft zu schaffen.
Besonders wichtig ist der Abbau von Barrieren, die sozial benachteiligte Familien in ihrer Teilhabe einschränken. Dabei spielen die Vernetzung der Fachkräfte und die kultursensible Gestaltung der Hilfsangebote eine zentrale Rolle. Es bleibt nach wie vor viel zu tun, um inklusive Strukturen flächendeckend zu etablieren und allen Kindern und Jugendlichen gleiche Chancen zu bieten, unabhängig von ihren individuellen Beeinträchtigungen oder ihrem sozialen Hintergrund.
Weitere Informationen unter: https://eutb-schaumburg.de |