Standpunkte der Vorsitzenden des Arbeitskreises Rehabilitation und Teilhabe der BAR
Forderungen für einen inklusiveren Arbeitsmarkt
Johannes Roth
Referatsleiter Gesundheitspolitik, Krankenversicherung und Rehabilitation, DGB Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstandsverwaltung
Um die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt zu verbessern, fordert der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) den Abbau bestehender Barrieren für Betroffene beim Zugang zum regulären Arbeitsmarkt. Hierbei spielt die Ausgestaltung der Arbeit und des Arbeitsplatzes eine entscheidende Rolle. Insbesondere mehr Barrierefreiheit ist unverzichtbar und muss bereits bei der Planung und dem Bau von Arbeitsstätten mitgedacht werden. Eine lückenlose Umsetzung des gesetzlichen Arbeitsschutzes und eine flächendeckende Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen sind ebenfalls dringend notwendig, um die konkreten Bedarfe der Zielgruppe zu erkennen und entsprechende Maßnahmen flächendeckend umzusetzen. Zusätzlich sollten zielführende freiwillige Präventionsmaßnahmen im Rahmen betrieblicher Gesundheitsförderung (BGF) den verpflichtenden Arbeitsschutz sinnvoll ergänzen.
Bei der Identifikation und Umsetzung der speziellen Bedarfe von Menschen mit Schwerbehinderungen spielt die betriebliche Mitbestimmung über die Schwerbehindertenvertretung (SBV) eine zentrale Rolle, beispielweise durch die Möglichkeit, Inklusionsvereinbarungen mit dem Arbeitgeber zu initiieren. Die betrieblichen Interessenvertretungen benötigen darüber hinaus ein ausdrückliches Mitbestimmungsrecht – insbesondere bei Fragen der Teilhabe sowie der Krankheits- und Kündigungsprävention.
Die Einhaltung der Beschäftigungspflicht der Unternehmen ist ebenfalls zentral. Mehr als ein Viertel der Unternehmen, die von Gesetzes wegen Menschen mit Schwerbehinderung beschäftigen müssten, beschäftigt noch immer keinen einzigen schwerbehinderten Menschen. Es sollte daher erwogen werden, die Ausgleichsabgabe für Unternehmen weiter in der Höhe anzupassen. Die Einstellung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen müssen attraktiver sein, als sich dem durch eine „billige“ Abgabe zu entziehen.
Der Arbeitsmarkt ist inklusiver als viele denken
Dominik Naumann,
Soziale Sicherung BDA Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
Wer sich heute auf eine Stelle bewirbt, sieht in aller Regel eine Fülle von Versprechen, mit denen Arbeitgeber für sich werben. Flexible Arbeitszeiten und ein bunter Obstkorb sind längst Standard. Spezielle Angebote für Menschen mit Behinderungen schaffen es seltener in die Stellenanzeigen. Davon sollte sich aber niemand entmutigen lassen! Denn in sehr vielen Unternehmen hat sich das Potenzialdieser Menschen längst herumgesprochen. Dies gilt für Neueinstellungen ebenso wie für langjährig Beschäftigte.
Gleiche Chancen für Menschen mit Behinderungen, sich durch Leistung am Arbeitsplatz zu bewähren, sind nicht nur eine sozialpolitische Aufgabe, sondern auch betriebswirtschaftlich sinnvoll und Bestandteil gelebter Betriebskultur. Die Arbeitgeber nehmen diese Verantwortung ernst und setzen sich aktiv für die Ausbildung, die berufliche Inklusion und den nachhaltigen Abbau der Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderungen ein. Mehr als eine Million schwerbehinderte Menschen in Beschäftigung belegen dies. Sie sind – richtig eingesetzt – voll leistungsfähige Beschäftigte, die vielfach besonders motiviert ihre Aufgaben erfüllen.
Bereits seit Jahren engagieren sich die BDA und ihre Mitgliedsverbände dafür, Unternehmen zu mehr Ausbildung, Beschäftigung bzw. Weiterbeschäftigung von Menschen mit Behinderungen zu ermutigen. Insbesondere kleine und mittlere Arbeitgeber werden weiterhin Beratungsbedarfe haben, wenn sie eine „demografiefeste“ Personalpolitik und den bewussten Umgang mit Vielfalt in die Praxis bringen. Trotz aller Erfolge muss auch klar sein: Das gegliederte System der Rehabilitation erfordert eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung. Die BAR ist die richtige Institution, dies voranzubringen. Sowohl für Menschen mit Behinderungen als auch für Arbeitgeber ist schwer durchschaubar, wer eigentlich wofür zuständig ist. Dabei ist gerade eine abgestimmte, schnelle, wirksame und betriebsnahe Unterstützung und Beratung durch die Rehabilitationsträger entscheidend für den Erfolg. Richtig war daher, mit den Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) trägerübergreifende Lotsen zu schaffen, die schnell und unbürokratisch passgenaue Beratung und Unterstützung aus einer Hand bieten.